Der beste Jahresrückblick

Falls noch irgendwer einen Zweifel daran hatte, dass das Fernsehen als Leitmedium ausgedient hat, dem sei ein kleiner Vergleich empfohlen: zwischen Jahresrückblicken im TV und im Web …

Ich habe dieses Jahr zwei Versuche gestartet, einen Jahresrückblick im Fernsehen anzusehen. Einmal den von Günter Jauch bei RTL und einmal den von Hape Kerkeling im ZDF. Ich vermute, das sind die besten der besten Moderatoren, die das Fernsehen noch zu bieten hat, weit weg von all den Kerners und Lanz und wie sie alle heißen mögen, diese unerträglichen Betroffenheitsquassler und Indenschlafmoderierer. Und doch: Es ist mir nicht gelungen. Nach einer halben Stunde konnte ich diese Sauce aus Effekthascherei, aufgesetzter Fröhlichkeit und klebriger Emotion nicht mehr ertragen. Nein, Freunde, kein Mensch braucht drei oder mehr Stunden Jahresrückblick „zur besten Sendezeit“.

Dass es auch anders geht, zeigt Google im Web. 2:52 Minuten reichen völlig aus, um mich zu unterhalten, zu bewegen und (auf dem Flughafen Hamburg, wartend auf den verspäteten Rückflug) eine Weile über das vergangene Jahr nachdenken zu lassen. Davon, liebe Fernsehmacher, könnt ihr euch eine Scheibe abschneiden:

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Bildnachweis: Simone Peter  / pixelio.de

7 Gedanken zu “Der beste Jahresrückblick

  1. 2:52. das ist ja nicht mal EIN werbeblock… nenenene, so geht das nicht. ein wenig mehr tiefe und hintergrund und, äääää…. wie wird so ein rtl-rückblick eigentlich so lang?

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  2. Das glaubst Du doch nicht ernsthaft selber, dass das ein Jahresrückblick ist? Das ist ein knapp dreiminütiges Werbevideo für Google. In einem vernünftigen Jahresrückblick erwarte ich ein paar Hintergrundinformationen, die mir helfen, die Ereignisse da einzuordnen, wo ich das in der Hitze der Aktualität noch nicht konnte.
    Von Deutschland war nix drin, und auch wenn das kleinkariert erscheint, aber da war genug los was mich als Deutscher interessiert. Fukushima, die größte industrielle Katastrophe der letzten 20 Jahre, blieb unerwähnt. Warum wohl? Der Tanz am Abgrund, den der Euro führt, wen interessiert’s schon, wenn man Billy&Kate sich küssen sieht? Osama Bin Laden’s Exekution wurde erwähnt, aber gäbe es da nicht ein paar Worte mehr dazu zu sagen? Gaddafi war als Diktator wohl nicht spannend genug, ebensowenig der Krieg Assad’s gegen sein eigenes Volk in Syrien, oder der von König Al Khalifa in Bahrain, letzterer unterstützt von den Saudis, denen wir Deutsche wiederum Panzer verkaufen wollten, was zu gehörig (aber nicht genügend) peinlichen Szenen im Parlament führte.
    Dieser „Rückblick“ ist ein rosa eingefärbter feel-good-moment, der in seiner emotionalen Klebrigkeit in keiner Weise hinter RTL zurückbleibt, obwohl er natürlich erfrischend kurz ist. Aber als sinnvolles Resume von 2011 komplett ungeeignet.

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    • Na, da bin ich zur Abwechslung mal ganz anderer Meinung als du. Einem drei Minuten Video vorzuwerfen, dass es nicht vollständig ist, ist albern. Einem amerikanischen Video, dass es zu wenig europäische Themen beinhaltet, ebenfalls. Ja, Gaddafi fehlt, dafür wird der arabische Frühling „ausführlich“ gewürdigt. Ebenso Occupy Wallstreet, auch der japanische Tsunsmi kommt vor. Daher ist der Grundtenor auch nicht kitschig oder klebrig. Emotionen sind erlaubt, wenn du mich fragst. Und ich will gerade keinen informativen Jahresrückblick, warum auch. Ich habe das ganze Jahr Zeitung gelesen und fühle mich hinreichend informiert. Mir gefällt gerade die Komprimierung auf drei Minuten, die auf Langatmigkeit verzichtet und sich mit Impressionen und kurzen Andeutungen begnügt. Und dass diese Themen im Rahmen von Google Medien transportiert werden – so what? Schau dir den RTL Jahresrückblick mal drei Stunden lang an. Langweilig, belanglos, klebrig und auch nicht informativer. Dann lieber so.

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