Klout? Nein Danke! 5 Gründe für einen Ausstieg

Klout ist ein Social Scoring-Dienst, den ich lange ignoriert, mir dann kurz angeschaut, dann wieder vergessen und gegen den ich mich nun bewusst entschieden habe. Warum ihr das auch tun und Klout nicht einfach ignorieren solltet? Hier sind 5 Gründe für den Ausstieg …

1. Ich möchte vorher gefragt werden

Klout bewertet ungefragt und ohne AnmeldungKlout geht euch nichts an, meint ihr, ihr habt euch dort schließlich nie angemeldet? Vergesst es. Die meisten von euch haben einen Klout-Score verpasst bekommen, ob ihr wollt oder nicht. Klout behauptet ja messen zu können, wie einflussreich die einzelnen Nutzer des Social Web sind – oder, um’s mal deutlich zu sagen: wer wichtig ist und wer nicht. Und dafür greift sich Klout alle verfügbaren Daten, und verfügbar heißt eben nicht, dass ihr sie explizit zur Verfügung gestellt habt. Es genügt zum Beispiel, dass ein Bekannter von euch bei Klout angemeldet ist und seine Freundeslisten für die Anwendung freigegeben hat.

Damit ist Klout durchaus mit der Schufa vergleichbar, die ja auch niemanden fragt, bevor sie ihn bewertet, wie es unter anderem Jürgen Vielmeier und Don Dahlmann schön auf den Punkt gebracht haben.

Wer sich explizit für seine Aktivitäten im Social Web bewerten und benoten lassen möchte: bitteschön, er darf es tun, wenngleich ich davon abrate (siehe unten). Bevor ich soziale Noten bekomme, möchte ich aber gerne gefragt werden, was mich gleich zum nächsten Punkt führt …

2. Zensuren für mein soziales Leben? Echt jetzt??

Quantität statt Qualität - Klout benotet mein soziales LebenMeine Schulzeit ist schon eine Weile her, aber ich habe drei schulpflichtige Kinder und eine Meinung zur Leistungsbewertung in der Schule. Ist ein anderes Thema. Sicher ist aber, dass meine Neigung, mich von irgendwem für irgendwas in einer mehr oder weniger sinnigen Skala bewerten zu lassen, sehr gering ist.

Und noch viel geringer ist sie, wenn es darum geht, all meine Aktivität dort zu bewerten, was landläufig als Social Media bekannt ist. Hier kommt tatsächlich ein Tool daher und will die Art und Weise, wie ich mit anderen menschlichen Wesen interagiere und kommuniziere, raten, scoren oder auf gut Deutsch gesagt wie eine Vokabelabfrage in der Schule benoten? Geht’s noch?

Abgesehen von meinem Unbehagen gegenüber solchen Zensuren, setzt Klout die falschen Akzente bzw. rückt die falschen Kriterien in den Mittelpunkt. Wollen wir im Jahr 2013 wirklich noch diskutieren, ob es in sozialen Medien auf Quantität statt Qualität ankommt? Wollen wir Einfluss, Reputation, Bedeutung im sozialen Raum wirklich anhand von Followerzahlen, Retweets und Likes messen? Wollen wir einem Bewertungssystem, das die Qualität einzelner Gedanken und Dialoge komplett ignoriert, auch nur die geringste Aufmerksamkeit schenken? Nö.

3. Noten haben Konsequenzen – und Klout hat nicht die geringste Aussagekraft

Noten mit Konsequenzen - Klout ohne AussagekraftIhr erinnert euch: Schon zu Schulzeiten hatten Noten Konsequenzen, erfreuliche oder weniger erfreuliche, sie haben ein Vorankommen gefördert oder verhindert. Alle, die Klout nur für eine lustige Spielerei halten, mögen sich also keinen Illusionen hingeben. Auch die Klout-Noten können Konsequenzen haben. Immer mehr Personaler interessieren sich für solche „Kennzahlen“, wie die ZEIT schreibt, natürlich in den USA und angeblich auch zunehmend in Deutschland.

Unabhängig von der Frage, ob die Berücksichtigung solcher Kennzahlen in Deutschland arbeitsrechtlich legitim ist oder nicht, lehne ich mich als jemand mit Personalverantwortung im Bereich Kommunikation und Social Media so weit aus dem Fenster und sage: Zahlen wie die von Klout haben keine, aber auch nicht die geringste Aussagekraft darüber, ob jemand als Mitarbeiter für bestimmte Aufgaben in Frage kommt oder nicht. Nicht mal wenn es um so spezifische Jobs wie die von Social Media Managern geht. Mit Klout kann ich vielleicht Dampfplauderer und Vielzwitscherer oder neutraler gesagt Hochdrucknetzwerker und Socialweb-Poweruser identifizieren. Aber was hilft mir das schon, wenn ich jemanden suche, der das komplexe Anforderungsprofil eines Kommunikatoren erfüllen soll? Nichts. Eigentlich kann man mit Wolfgang Lünenbürger-Reidenbach noch einen Schritt weiter gehen und sagen: „Wer einen zu hohen Klout-Score hat, ist nicht geeignet für die Kommunikationsberufe“ – weil derjenige sich selbst in den Mittelpunkt stellt und nicht das, was er eigentlich kommunizieren soll.

Im übrigen müsste ich, wenn Klout Einfluss auf solche Entscheidungen haben sollte, wissen, wie genau das Scoring zustande kommt, was mich zum nächsten Punkt bringt …

4. Klout ist so transparent wie die Vergabe von Bauprojekten in Süditalien

Klout ist intransparentKein Mensch (außer den hauseigenen Entwicklern) weiß, wie genau Klout funktioniert: Welche Faktoren fließen in die Notengebung ein? Was wird wie gewichtet (und warum)? Wie oft wird der Score wohin verändert? Alles unbekannt. Gegen den Klout Score ist der Edgerank von Facebook ein offenes Buch.

5. Sich nicht darum kümmern ist auch ein Statement

Klout ignorieren bedeutet Klout akzeptierenMan kann bekanntlich nicht nicht kommunizieren, und man kann etwas manchmal auch nicht ignorieren, weil Ignoranz dann Akzeptanz bedeutet. Klout konnte und kann sich nur ausbreiten, weil es halt da ist, viele es mal ein bisschen ausprobieren und sich dann wie ich nicht weiter darum kümmern. Dass ich mich nicht mehr darum kümmere, ändert aber nichts an der Tatsache, dass ich einen Klout-Score habe und Dritten gegenüber mit meinem Klout-Score in Erscheinung trete.

Wer mich und meine Meinung zum Thema nicht kennt, darf also annehmen, dass ich Klout nutze, akzeptiere und hilfreich finde. Das ist nicht der Fall. Was ja nun hoffentlich deutlich geworden ist.

Fazit: Raus aus Klout und den Account löschen!

Raus aus Klout und den Account löschenNeues Jahr, Zeit für die Umsetzung guter Vorsätze. Wenn ihr euch also ebenso wie ich dazu entschließen wollt, diesen Klout-Unfug nicht länger mitzumachen – so könnt ihr Klout aus eurem digitalen Leben löschen:

  1. Geht auf die Seite http://klout.com/corp/optout.
  2. Ignoriert das ganze Blabla, warum Klout doch toll und wichtig ist.
  3. Nutzt die Opt-out-Links am Ende der Seite. Falls ihr euch aktiv bei Klout angemeldet habt, müsst ihr euch vorher anmelden, um euch endgültig verabschieden zu können.

PS: Danke an Lars für den Anstoß!

Noch ein PS für alle, die mehr wissen wollen: Einen ausführlichen und lesenswerten Beitrag über Klout und ähnliche Dienste wie Kred und PeerIndex hat auch Andreas Werner geschrieben.

Zu rechtlichen Aspekten rund um Klout habe ich auch ein Interview mit Rechtsanwalt Dr. Martin Schirmbacher geführt: Ist Klout eigentlich legal? Social Scoring Dienste im Rechts- und Datenschutz-Check

Bildnachweis: Melanie Jedryas / pixelio.de

17 Gedanken zu “Klout? Nein Danke! 5 Gründe für einen Ausstieg

  1. Hi,

    ich hatte mich vor einer Weile auch mal über Klout lustig gemacht und stimme den Ausführungen des Posts im Großen und Ganzen zu. Aber ich denke ganz im Ernst, dass das halt eine weitere Ausprägung unseres Socialseins ist. Nahezu unvermeidbar.
    Und ja, ich stimme auch völlig überein, dass der Kloutscore ansich nicht die geringste Aussagekraft hat bzgl. der Qualität eines Social Media Auftritts einer Person. Gab es nicht kürzlich jemanden, der berichtete, eine Freundin habe ihn mithilfe von FB-Spielen überholt? Es kommt hier nur auf pure Masse an. Und selbst die Empfehlungen von Freunden sind natürlich alles andere als objektiv. Eine Hand wäscht die andere. Aber, aber … nichtsdestoweniger kennzeichnet Klout eine konsequente Entwicklung, die die Verlagerung unserer Existenz in das virtuelle widerspiegelt. Ich sehe es eher als Spielzeug – die anderen Plattformen spionieren mich auch aus und bewerten meinen Auftritt oder sind Retweets, Likes und Shares etwas anderes? Und etwas Wahrheit wird schon immer auch im Kloutscore stecken. Wir sollten ihn nicht zu früh belächeln und verurteilen.

    http://wp.me/p207nh-lB

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  2. Das beste Mittel gegen den Klout-Score: Laut darüber lachen und über alle, die „Klout“ in irgendeinem nichthumoristischen Zusammenhang den Mund nehmen. In Bezug auf den Dienst irgendwelche Opt-Outs durchführen oder lange Artikel darüber schreiben, zeigt nur, dass man den Schrott in irgendeiner Weise ernstnimmt. Sollte man aber nicht.

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