Der Negerkönig und die Hosenmaler

Und wieder rauscht eine Erregungswelle durch Feuilletons und Web. Diesmal geht es um die Frage, wer wann wie und warum das böse Wort „Neger“ benutzen darf. In Kinderbüchern wie Pippi Langstrumpf oder der Kleinen Hexe hat es jedenfalls nichts verloren, meinen die Verlage – und liegen damit falsch.

Im Jahr 1564 war es so weit. Der Anblick war unerträglich geworden. Eine Beleidigung für alle, die sich das ansehen mussten. Ein Affront. Und nicht länger hinnehmbar. Also beauftragte Papst Pius IV. den Maler Daniele da Volterra mit einer kleinen Säuberungsaktion. Der griff zu Farbe und Pinsel und veränderte Michelangelos großartige, aber leider nackte Figuren in der Sixtinischen Kapelle. Wo vorher Busen und Penisse zu sehen waren, flatterten bald gemalte Stofftücher durchs Bild. Dem armen Daniele brachte das bis heute den Spottnamen Braghettone – Hosenmaler ein.

Hosenmaler heute

Nicht mehr nackt: Michelangelos Figuren in der Sixtina
Übermalt: Michelangelos Figuren in der Sixtina

Auch ein paar Hundert Jahre später, in unseren aufgeklärten Zeiten sind wieder Hosenmaler unterwegs. Sie suchen nach Anstößigem, fahnden nach Beleidigungen – und werden fündig. Zum Beispiel in Kinderbüchern, in denen von „Negern“ die Rede ist. Sie greifen zu Farbe und Pinsel und machen aus dem Negerkönig einen Südseekönig, etwa in Pippi Langstrumpf, das der Verlag schon vor längerer Zeit entschärft übermalt hat. Und die älteren Exemplare, in denen der Negerkönig noch keine Südsee-Hosen anhat, sollen schleunigst aus den Stadtbüchereien verbannt werden, fordern aufgebrachte Mitbürger, die diesen Affront nicht länger hinnehmen wollen.

Auch in Otfried Preußlers Kleiner Hexe wird nun das eine oder andere Negerlein getilgt, und weil wir schon dabei sind, das Wort „wichsen“ gleich mit, weil Kinder dabei heutzutage nicht mehr ans Prügeln denken („Ich wichse euch mit dem Besen durch“, hieß es in der Kleinen Hexe), sondern an … etwas anderes. Aber das nur am Rande.

Historische Texte

„Neger“ sagt man heute nicht mehr, da dürften wir uns einig sein. Also hat „Neger“ auch in heutigen Kinderbüchern nichts verloren. Was die meisten vermutlich vergessen haben und was uns helfen kann, die ganze Debatte enorm abzukürzen, ist folgende Erkenntnis: Pippi Langstrumpf ist kein heutiges Kinderbuch. Die Kleine Hexe auch nicht. Das sind historische Texte, 68 und 56 Jahre alt. Und die sind hin und wieder erklärungsbedürftig. Ist einfach so. Glaubt das einem, der lauter Zeugs studiert hat, bei dem es um nichts anderes geht, als Vergangenes zu verstehen.

Wer seinen Kindern Pippi Langstrumpf oder die Kleine Hexe schenkt oder vorliest, entscheidet sich also bewusst dazu, ihnen einen historischen Text zu schenken oder vorzulesen. Ja, bewusst, denn diese Bücher stammen aus einer anderen Zeit und das merkt man ihnen auf jeder Seite an. Sie wurden geschrieben, als es noch keine Computer, kein Internet und keine Smartphones gab, als das Zusammenleben von Mann, Frau und Kind so war wie in der Serie Mad Men – kurz: als die Welt eine andere war.

Wörter haben eine Geschichte

Worauf ich hinaus will: Wer seinen Kindern ein altmodisches Gesellschaftsbild im Allgemeinen und das Wort „Neger“ im Besonderen nicht zumuten will, sollte ihnen keine historischen Kinderbücher zumuten, sondern zu einer der rund 6.000 Neuerscheinungen (!) pro Jahr (!) greifen. Da sollte doch für jeden was dabei sein. Wenn man sie ihnen doch zumutet, bedarf es einiger Erklärungen. Aber jetzt mal ehrlich: Wer hat seinen Kindern schon mal ein Buch vorgelesen, ohne dabei das eine oder andere Detail zu erklären?

Dichter wollen unterrichten und unterhalten, wie Horaz das schon vor ein paar Tausend Jahren so schön auf den Punkt gebracht hat, und daran hat sich ja im Großen und Ganzen nichts geändert. Die besten Kinderbüchern machen meinen Kindern einen Heidenspaß und nebenbei lernen sie noch ein bisschen was. Am „Negerkönig“ lernen sie, dass Wörter eine Geschichte haben, dass sich Konnotationen verändern und dass Sprache ein Wunderwerk ist, mit dem man Menschen verzaubern oder verletzen kann. Das lernen sie aber nur, wenn wir mit ihnen darüber reden, und das können wir nur ohne Hosenmaler.

Talibanesker Umgang mit der Vergangenheit

Brief an die ZEITWen die Hosenmaler wovor beschützen wollen, ist meist diffus und daher auch schwer seriös diskutierbar. Meist fühlt sich jemand persönlich beleidigt oder herabgesetzt (und vergisst, dass er persönlich gar nicht gemeint ist) oder sieht allgemein Sitten und Anstand bedroht (und vergisst, dass seine persönliche Meinung in dieser Sache nicht unbedingt von allen geteilt werden muss).

Ersteres zeigt sich sehr schön am Beispiel der neunjährigen Tochter eines Senegalesen, die der ZEIT einen empörten Leserbrief geschrieben hat. Ihr Argument gegen die „Neger“ in Kinderbüchern: Sie fühlt sich und alle Afrikaner angegriffen, wenn das Wort verwendet wird, und möchte es daher aus allen Büchern getilgt wissen. Nun kann man der Neunjährigen keinen Vorwurf machen, dass ihr noch die intellektuelle Kapazität fehlt, um zu bemerken, was sie da eigentlich fordert. Aber dieser Brief sauste nur so durchs Social Web, und alle, die ihre Begeisterung über den Brief rauszwitschern und liken, kann man schon mal fragen: Geht’s noch? Ist das euer Ernst? Wollen wir wirklich anfangen, Bücher zu verändern, weil sich ein neunjähriges Mädchen durch ein Wort beleidigt fühlt? Mir passt was nicht, also weg damit – Ist das die Art und Weise, wie wir vorgehen wollen? Dann schnell weg mit Monostatos aus der Zauberflöte und schnell weg mit dem numidischen Piraten mit Sprachfehler im Ausguck bei Asterix und und und …

Sorry, aber das ist talibanesk. Unliebsame Wörter aus Büchern tilgen ist auch nicht besser als Denkmäler in die Luft sprengen, die gefühlt den Propheten Mohammed beleidigen.

Überall wird gezündelt
Sehr schön hat das Ray Bradbury in seinem Nachwort zu Fahrenheit 451 beschrieben. Da schreibt er sich zunehmend in Rage, weil Leser und Verlage nicht selten den Wunsch an ihn herantragen, seine Texte nach Jahren zu überarbeiten und dem Zeitgeist anzupassen … (Danke an Harald Stücker für den Hinweis, Zitat nach Taylor McGann):

Fahrenheit 451The point is obvious. There is more than one way to burn a book. And the world is full of people running around with lit matches. Every minority, be it Baptist / Unitarian, Irish / Italian / Octogenarian / Zen Buddhist, Zionist / Seventh-day Adventist, Women’s Lib / Republican, Mattachine / Four Square Gospel feels it has the will, the right, the duty to douse the kerosene, light the fuse. Every dimwit editor who sees himself as the source of all dreary blancmange plain porridge unleavened literature, licks his guillotine and eyes the neck of any author who dares to speak above a whisper or write above a nursery rhyme.

Nicht egal

Aber vergleiche ich da nicht Äpfel mit Birnen? Ist das nicht alles irgendwie egal? Sind doch nur Kinderbücher … Das ist, mit Verlaub, das dümmste Argument von allen, zu dem sich auch der Spiegel hinreißen ließ: „Das Abendland steht und fällt doch nicht damit, ob in der „Kleinen Hexe“ von „Negerlein“ die Rede ist oder in „Pippi Langstrumpf“ vom „Negerkönig“.“ Stimmt, das Abendland geht so schnell nicht unter. Es hat bis jetzt noch jeden Ikonoklasmus und jede Hosenmalerei überlebt. So gesehen ist nichts wichtig. Oder alles.

48 Gedanken zu “Der Negerkönig und die Hosenmaler

  1. Hallo Christian,

    ich finde deinen Text mit der Auseinandersetzung bezüglich der Abänderungen einzelner Worte in Neuauflagen von Kinderbüchern sehr interessant. Er ist auch sehr schön und ansprechend geschrieben.
    Ich teile jedoch deine Meinung nicht. Denn Sprache verändert sich ständig – ebenso die moralischen und ethischen Werte einer Gesellschaft. Und Begriffe, die Personengruppen diskriminieren gehören einfach nicht mehr in unsere Gesellschaft, die vom Gedanken der Antidiskriminierung bzw. Gleichbehandlung geprägt ist. Daher sollen Kinder auch gleich richtig lernen, dass man eine Person mit dunkler Haut nicht als „N..er“ betitelt. Eine angemessene nicht diskriminierende Wortanpassung ändert auch nicht den Sinn oder die Aussage der betroffenen Kindergeschichten. Warum also in der heutigen Zeit bei einer solchen Diskriminierung bleiben bei Neuauflagen? Es ist vielmehr eine Auszeichnung für diese Geschichten, dass diese immer noch gerne gelesen werden, d.h. aber nicht dass diese unkritisch betrachtet werden dürfen.
    Beispiel: Stell dir doch mal vor, die Kindergärtnerin ließt so eine Geschichte vor, in der eine dunkelhäutige Person so betitelt wird und im Kreise der Kinder, die ihr zuhören, sitzt ein Kind, das ebenfalls dunkelhäutig ist. Wie würdest du dich an dessen Stelle fühlen? Oder wenn die Kinder das Wort aufgreifen und Fingerzeigend das Kind so nennen. Gerade im Zuge der wachsenden Internationalität in Kindergärten und Schulen finde ich eine Anpassung der Sprache in den Kinderbüchern angemessen.

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    • Hallo Maria, ich möchte ja gar nicht, dass sie unkritisch betrachtet werden, im Gegenteil. Solche aus heutiger Sicht fragwürdigen Textstellen sollen kritisch betrachtet werden, sei es durch ein begleitendes Vorwort, eine Anmerkung im Text oder durch hilfreiche Anmerkungen der vorlesenden Erzieherin. Eine kritische Betrachtung ist aber nur möglich, wenn die Stelle eben nicht gestrichen oder geändert wird. Es gibt Millionen von Aspekte in Millionen von Büchern, die heute nicht mehr zeitgemäß sind oder ungewöhnlich oder verstörend oder diskriminierend. Sollen die alle geändert werden? Und wer entscheidet, was geändert wird und wie? Sprache verändert sich, da hast du völlig Recht. Und wir haben es hier mit Sprachzeugnissen zu tun, die ein halbes Jahrhundert alt sind. Es ist aber nicht unsere Aufgabe, die Sprache der Vergangenheit an heutige Maßstäbe (wer auch immer die festlegt) anzupassen.

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      • Dann frage ich dich und wie stellst du dir einen kritischen Umgang mit der Verwendung solcher Begriffe in Kindergeschichten in der Realität vor? So, dass die Kinder im Kindergarten untereinander und den Erziehern/-innen bzw. Eltern darüber debattieren ob der Begriff richtig oder falsch ist?

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  2. Das N-Wort ist nicht mehr zeitgemäß. In vielen industriellen Ländern wie USA oder England ist es in Büchern verboten. Worauf warten wir in Deutschland?
    Siehe meinen Weitrag in WordPress – azou72

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    • Das N-Wort ist nicht mehr zeitgemäß. In vielen industriellen Ländern wie USA oder England ist es in Büchern verboten. Worauf warten wir in Deutschland?
      Siehe meinen Beitrag in WordPress – azou72

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    • Das heißt, du bist dafür, alles was nicht mehr „zeitgemäß“ und in anderen Ländern verboten ist, aus historischen Texten zu streichen? Das ist dein Argument? Da fehlen mir ein bisschen die Worte …

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      • Es tut mir leid! Dein Kommentar zeigt, dass Du keine Ahnung über Rassismus hast. Setz dich erst mal gründlich mit dem Thema Rassismus auseinander, bevor du solche Kommentar schreibst.

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  3. Hier geht es doch gar nicht um die Abänderung von historischen Texten, sondern dessen zeitgemäße Anpassung in Neuauflagen! Das Original der Geschichte und die Historie, die den „N-Begriff“ geprägt haben bleibt uns auf Ewigkeit erhalten. Und die Anpassung schadet den Geschichten nicht – führt aber dazu das mehr Kinder sie mit einem Lächeln lesen.

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    • „Die Anpassung schadet den Geschichten nicht“ – Wie weit wollen wir denn Geschichten an den Zeitgeist anpassen? Bis wohin geht das ohne Schaden und ab wann schaden wir ihnen? Und wer entscheidet das? Und nochmal: Wer legt fest, was gemäß Zeitgeist opportun ist und was nicht?

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  4. i.Ü. bezieht sich azou72 auch nicht auf „Alles“ was nicht mehr zeitgemäß ist, das ist eine Unterstellung deinerseits, sondern nur auf das N-Wort: „Das N-Wort ist nicht mehr zeitgemäß…(…)“

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  5. Vielleicht ist das alles ein schönes Beispiel einer Scheindebatte. Hier in den USA, wo ich lebe, gibt es noch einen ganzen Haufen von versteckten Diskriminierungen gegenüber Schwarzen. („Blacks“ geht übrigens hier wieder relativ unkritisch, man muss nicht dauernd das Unwort „african-american“ verwenden, grad so, als kämen die Leute immer noch direkt aus Afrika. Ausserdem gibt es einen Unterschied zwischen „negro“ (geht nicht) und „nigger“ (geht überhaupt nicht).) Mein Punkt ist, dass man sich relativ leicht über Worte echauffieren kann, aber dass es viel schwieriger ist, die echten Probleme anzupacken, z.B. die nach wie vor großen Unterschiede im Gehalt, den Bildungschancen, oder der Kriminalität.
    Wie Du schreibst, sind Bücher Zeitzeugen der Epoche aus der sie kommen. Astrid Lindgren war sicherlich keine Rassistin, aber sie verwendete ein Wort, dass heute als unangemessen empfunden wird. Was für eine phantastische Gelegenheit, mit den Kindern darüber zu reden, warum das so ist: Was genau ist eigentlich verletzend am Wort „Neger“? Was hat das mit der Geschichte der Schwarzen zu tun, und wie sie jahrhundertelang übelst diskriminiert und ausgebeutet wurden? Was davon passiert immer noch? Gibt es immer noch Vorurteile gegenüber Menschen anderer Hautfarbe? Falls ja, ist es dann nett, Worte zu verwenden, die einstmals Teil der Diskriminierung waren und von Betroffenen oft noch als diskriminierend empfunden werden? Was sagen wir denn stattdessen, wenn wir sagen wollen, dass Steve eine dunkle Hautfarbe hat? Vielleicht fragen wir Steve? Und gibt es solche diskriminierenden Worte auch in anderen Bereichen unseres Lebens? Wie ist das, wenn man jemanden als „fett“ bezeichnet? Oder als „dumm“? Ist das Wort „schwul“ diskriminierend oder nicht? Und wie ist es mit „Schwuchtel“?
    Die Hosenmaler — fantastischer Vergleich! — haben beschlossen, dass man sämtliche Gelegenheiten zu solch lehrreichen Diskussionen verbannen muss, indem man die Bücher politisch korrekt redigiert. Grad so als würde das alle Probleme automatisch lösen. Als gäbe es nicht immer noch ein großes Bedürfnis an Aufklärung und Umdenken. Historische Bücher wie Pippi Langstrumpf sind eine hervorragende Möglichkeit, solche Debatten anzustoßen, denn sie verwenden (gelegentlich!) verletzende Worte ohne verletzen zu wollen. Ist dies nicht eine wunderbare Gelegenheit darüber zu reden, wie Sprache funktioniert, und wie wir im Umgang mit Menschen aufpassen müssen, nicht ungewollt jemandem weh zu tun?
    Es ist bitterschade, dass talibanöse Reflexe im Tarnmantel der politische Korrektheit darauf abzielen, uns einiger wichtiger Lektionen zu berauben.

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  6. Fraglich, ob gerade die Zielgruppe an die sich diese Bücher richten, das richtige Alter hat um sich selbstkritisch damit auseinander zu setzten. In nur wenigen Fällen werden wohl die Eltern und Erzieher/innen die Zeit haben solche Dinge tief gehend den Kindern verständlich zu machen. Denn in der Realität, sind die Kindergärten überfüllt und die Eltern haben auch immer weniger Zeit sich mit den Kindern im Detail auseinander zu setzten. Dann besteht eher die Gefahr, dass der Begriff unreflektiert übernommen wird. Und wie es letztlich gemeint sein soll ist letztlich auch unbeachtlich, da der Begriff tatsächlich diskriminierend ist.

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    • Ok, und deswegen soll der Staat nun ein weiteres Mal die Eltern aus der Verantwortung entlassen, ihre Kinder zu erziehen? Weil sie „immer weniger Zeit haben“? Also mit Verlaub, wenn man sich keine Zeit für seine Kinder nimmt, auch um ihnen schwierige Dinge zu erklären, dann haben die armen Kleinen weitaus größere Probleme als die Wortwahl in Kinderbüchern.

      Zumal das jetzt auch nicht so der riesen Akt ist, einem Kind zu erklären, warum man Neger nicht mehr sagen soll.

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      • Hm… das führt zu einer völlig anderen Diskussion. Fakt ist, dass das Wort N..er diskriminierend und beleidigend für eine bestimmte Bevölkerungsgruppe ist. Und ich finde es gibt keine überzeugenden Argumente dafür um diese Diskriminierung in Neuauflagen von den oben genannten Kinderbüchern beizubehalten.

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      • Maria, alte Texte, Zeugnisse, Kunstwerke sind aus heutiger Sicht oft falsch, überholt, peinlich, fragwürdig und auch diskriminierend. Damit muss man sich auseinandersetzen, aber nicht, indem man alte Texte, Zeugnisse, Kunstwerke ändert, umschreibt und übermalt. Ich bleibe bei meinem Beispiel der Zauberflöte, die natürlich auch eine wunderbare Oper für Kinder ist. Der „Mohr“ Monostatos geht heute gar nicht mehr, ist aus heutiger Sicht politisch völlig unkorrekt. Was machen wir nun? Die Figur aus der Oper streichen? Die Figur umschreiben und einen Weißen daraus machen? Die Oper nicht mehr aufführen? Nichts von alledem! Wir erklären unseren Kindern, wenn wir die Oper mit ihnen ansehen, was es mit dieser Figur auf sich hat und was es mit den „Mohren“ zur Entstehungszeit der Oper auf sich hatte.

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  7. Gilt die Zensur dann nur für Kinderbücher oder für alle? Ich stelle mir gerade vor, wie man denn nun Onkel Toms Hütte oder Roots lesen soll, wenn alle diskriminierenden Wörter ersetzt werden. Das wäre als wollte man die Geschichte der Sklaverei gleich mit verleugnen.

    Wenn man anfängt, alte Texte zu redigieren, dann kann man die Bücher wirklich gleich verbrennen.

    Sollte ein Verlag sich mit einem alten Text nicht mehr identifizieren können, dann kann er ja darauf verzichten, das Buch nachzudrucken. ;-) 6.000 Neuerscheinungen im Jahr und es kommt darauf an, Pippi Langstrumpf umzuschreiben?! Die neuen Bücher sind sicherlich im Zeitgeist verfasst und nach heutigen Maßstäben politisch korrekt.

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  8. Christian, die Zauberflöte richtet sich wohl nicht an die selbe Zielgruppe wie Pippi Langstrumpf. Wenn Kinder aus dem Kindergarten und Grundschulalter hinaus sind – so stimme ich dir zu – können diese auch eher und sollen auch lernen kritisch mit solchen Dingen umzugehen.

    Susanne, dein Gedanke bezüglich der Zensur ist interessant.
    Wo zieht man die Grenze? Aber diese Diskussion basierte eigentlich auch nur auf der Frage, ob in den oben genannten Kinderbüchern die oben genannten Begriffe ersetzt werden sollen oder nicht…

    Ich, denke bei den Kinderbüchern besteht eher die Gefahr, dass diese Worte unreflektiert übernommen werden. Und die Wortanpassung ändert auch nichts am Wesen dieser Kinderbücher. Bei den oben zur Diskussion stehenden Büchern finde ich daher eine Wortanpassung unproblematisch.

    Die anderen Bücher/Geschichten die du genannt hast basieren darauf, dass sie von Diskriminierung berichten…dort wäre ein Zensur eher hinderlich und würde auch das Gesamtwerk völlig in seinem Wesen verändern. Aber das führt auch wieder in eine ganz andere – wenn auch interessante – Richtung.

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    • Maria,
      Du hältst also Kinder, die Pippi Langstrumpf lesen, noch für zu unreif, sich mit der Problematik auseinanderzusetzen, erwartest andererseits aber sicherlich, dass sie Mitschüler und Freunde anderer Hautfarbe nicht diskriminieren. Du hältst Eltern für zu überfordert (zeitlich? thematisch?) um sich der Sache anzunehmen, also soll da mal der Staat oder irgendeine freiwillige Selbstkontrolle alte Bücher redigieren, damit wir nicht in Versuchung geführt werden. Du hältst den Begriff „Diskriminierung“ für klar definiert, so dass man den offenbar nicht mehr diskutieren muss, weder unter Erwachsenen noch mit Kindern. Und Du schauderst so sehr vor dem Wort „Neger“, dass Du selbst in einer sachlichen und völlig nicht-diskriminierenden Diskussion auf, mit Verlaub, alberne Umschreibungen wie „N..er“ zurückgreifst. All das lässt mich vermuten, dass Du uns allen viel lieber Scheuklappen aufsetzen möchtest, statt einen verantwortungsbewussten Umgang mit unserer Geschichte anzustreben. Als Mensch, der versucht im Lichte der Aufklärung zu leben („Habe Mut, Dich Deines eigenen Verstandes zu bedienen!“), erscheint mir eine solche Einstellung höchst bedenklich.

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      • Ich greife nochmals die Grundthese auf:

        „Diesmal geht es um die Frage, wer wann wie und warum das böse Wort “Neger” benutzen darf. In Kinderbüchern wie Pippi Langstrumpf oder der Kleinen Hexe hat es jedenfalls nichts verloren, meinen die Verlage“

        Ich bin der Meinung, dass ein Wort, welches es vermag eine bestimmte Bevölkerungsgruppe zu diskriminieren und zu beleidigen in diesen konkreten Kinderbüchern nicht vorkommen muss. Die Geschichten werden es nicht leid tragen wenn man den Begriff durch beispielsweise einen Namen ersetzt. Das hat nichts mit staatlicher Kontrolle sondern mit Gleichbehandlung zu tun.

        Durch diese Anpassung der Wörter in diesen Kinderbüchern wird auch nicht gleich die komplette Bevölkerung generell des Selbstdenkens oder des Reflektieren über diese Thematik beraubt. Diese Schlussfolgerung bezogen auf die Anpassung der Wörter in den diskutierten Kinderbüchern erscheint mir abwegig.

        Über Diskriminierung sollte und muss immer gesprochen werden!

        Und ich empfinde den Begriff N…er als so sehr diskriminierend, dass er bei mir wie ein Schimpfwort zensiert wird. Das ist meine persönliche Handhabe gerade im Internet – das darf dich nicht stören. Oder würdest du – wenn wir hier schon bei Hypothesen sind – es als korrekt empfinden, wenn ein Politiker eine Gruppe dunkelheutiger Menschen mit „liebe N..er“ ansprechen würde. Wie du selbst erkennen kannst ist der Begriff bereits stigmatisiert.

        Auf die übrigen Unsachlichkeiten, die sich nicht auf das Diskussionsthema sondern auf meine Person und meine hypothetischen Absichten beziehen gehe ich weiter nicht ein…

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  9. Ich finde diese „Diskussion“ sehr informativ und lehrreich. Zeigt sich hier doch einmal mehr, was in diesem unserem Land wirklich wichtig ist. Aber nein, das stimmt so nicht. Denn Diskussionen im Netz spiegeln nicht das Befinden eines Landes wieder. In dieser Diskussion hier spiegeln sich höchstens einige Leute selbst. Ich persönlich finde das Wort Neger in keinster Weise diskriminierend, Nigger dagegen schon. Was ist den jetzt eigentlich die korrekte Bezeichnung für schwarzhäutige Menschen? Und, ganz wichtig, was passiert mit dem Volkslied „Zehn kleine Negerlein“? Und gibt es schon einen Bußgeldkatalog, falls jemand – oh Gott oh Gott – doch mal aus Versehen das Wort Neger verwendet?
    Guten Abend.

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  10. Was müsste ich denn eigentlich machen, wenn ich heute einen historischen Roman schriebe, der im Amerika zur Zeit des Bürgerkrieges spielte? Wie beschriebe ich denn die Sklaven? Was ruft denn der cholerische Sklavenbesitzer, wenn sein Leibeigener nicht spurt? „Du dreckiger Mensch mit erblich bedingtem erhöhten Melaninanteil in der Haut!“?

    Dieses Umschreiben von Büchern, die auf ihre Art ja Zeitdokumente sind und somit eben auch Geisteshaltungen der Zeit, in der sie geschrieben wurden, widerspiegeln, erinnert irgendwie an Orwells „1984“.

    Die Absichten der Bücherverbesserer sind sicher gut, aber das Ergebnis finde ich erschreckend und ich fühle mich bevormundet. Und so lange es rassistisches / homophones / bittebeliebigediskriminierungeinsetzen Gedankengut gibt, wird es Worte dafür geben. Wenn die einen verboten werden, dann werden neue ihren Platz einnehmen. Ich habe als Kind noch gelernt, dass Neger nicht Neger genannt werden sollen, sondern Farbige. Sagt man heute auch nicht mehr… Die PC-Bezeichnung du jour ist People of Color (PoC)…

    Wo soll die Grenze gezogen werden? Werden auch historische Bücher, in denen Frauen diskriminiert werden, demnächst korrigiert? Bücher, in denen Frauen keine eigene politische Meinung zugebilligt wird? In denen ihnen Berufsausübungen verboten werden? Sie geschlagen und zum ehelichen Sex gezwungen werden dürfen? Komisch, dass sich hier noch niemand dran versucht hat!

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  11. Meine Schwester hat vor Jahren eine tolle Magisterarbeit zum Thema „Kinderliterarisches Übersetzen“ geschrieben (anhand der Beispiele „Peter Pan“ und „Winnie the Pooh“). Unter anderem habe ich daraus gelernt, dass auch Übersetzer von Kinderbüchern sich hin und wieder extrem großzügig über das Original hinweggesetzt und komplette Passagen umgeschrieben haben—weil bestimmte Dinge den lieben Kindern angeblich nicht zuzumuten sind. Das traf vordringlich auf ältere Übersetzungen zu, neuere Übersetzer scheinen das Original wieder mit etwas mehr Respekt zu behandeln. Was mir symptomatisch erscheint — in der gegenwärtigen Debatte wie auch im Falle der Übersetzungen — ist dass Kinderliteratur als etwas Zweitrangiges und nicht wirklich ästhetisch Schützenswertes angesehen wird. Nu mach ma nich so’n Jedöns darum–is doch bloß für Kinder! Das ist natürlich, mit Verlaub, grober Unfug.
    Darüber hinaus ist das Reflexhafte in dieser Diskussion schon echt faszinierend, wie auch die Weigerung, sachlich über Dinge nachzudenken. Ich will keinen hier persönlich angreifen, aber Maria’s Antwort auf meine Kritik ihre „N..er“ Notation ist schon bezeichnend: „Oder würdest du – wenn wir hier schon bei Hypothesen sind – es als korrekt empfinden, wenn ein Politiker eine Gruppe dunkelh[ä]utiger Menschen mit „liebe N..er“ ansprechen würde.“ Hier kann oder will jemand nicht den Unterschied zwischen der harmlosen Verwendung eines Wortes in einer Sachdebatte und der völlig unangemessenen Verwendung desselben Wortes in einer konkreten Situation machen. Und wenn es solche Unterschiede also nicht gibt, wenn das Wort an sich, in welchem Zusammenhang auch immer, „böse“ ist und ausgetilgt werden muss, dann muss mich natürlich auch nicht mehr wundern, mit welchem fundamentalistischen Eifer hier gegen Sprache gekämpft wird. Letztlich ist aber eine solche Haltung etwa genauso albern wie das, Entschuldigung, vorpupertäre Kichern von Kindern im Biologieunterricht, wenn der Lehrer die Worte „Penis“ und „Vagina“ ausspricht.
    In „Harry Potter“ gibt es einen bösen Zauberer Namens „Voldemort“, aber alle sind so schockiert allein schon von seinem Namen, dass sie ihn nur mit „Du weißt schon wer“ umschreiben. Harry und Dumbledore sind (anfangs) so ziemlich die einzigen, die sich diesem Unfug widersetzen: Dumbledore, weil er keine Angst hat (und überdies weise ist), und Harry, weil er nie mit der Angst vor dem Namen aufgewachsen ist. Natürlich heißt das nicht, dass es nicht doch Worte gibt, die man heute besser nicht mehr verwendet. Aber sich in einem sachlichen Gespräch zum Thema sogar um diese Worte rumzudrücken zeigt doch, dass man diesen Worten mehr (magische?) Macht zutraut als ihnen innewohnt. Und das ist keine vielverheißende Ausgangsposition für eine unaufgeregte Diskussion; insbesondere dann, wenn man die moralische Autorität auf seiner Seite wähnt.

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    • Hier in dieser Diskussion geht es weder darum die komplette Literatur zu ändern noch um dein Beispiel darum falsche Wörter für das Richtige zu verwenden. Daher hinkt auch dein Beispiel mit dem Gedicht etc. darum geht es hier einfach nicht. Und natürlich bin ich nicht dafür das man falsche Wörter für Körperteile in Biologiebüchern für Kindern verwendet. Ähm… wie kommst du denn auf so etwas? Im Gegenteil Aufklärung ist wichtig. Aber das hat mit der ganzen Sache nichts zu tun. Hier vergleichst du einfach Äpfeln mit Birnen.

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  12. Weil’s so schön ist, und weil’s wohl kaum einer kennt, hier noch ein Stück Literatur, das im gegenwärtigen politischen Fegefeuer leicht verbrennen könnte:

    Schicksal eines stilisierten Negers

    Er war, weil Adelheid nicht ruhte
    und weil sie wie am Spieße schrie,
    mit ihr (und später ohne sie)
    im Spiegelsaal auf der Redoute.

    Er ging als stilisierter Neger
    mit einer Art von Lendenschurz.
    Der war ihm überall zu kurz
    und eigentlich ein Bettvorleger.

    Er war kein Freund von Maskenbällen.
    Er war bedrückt. Und staunte stumm.
    Und stand, wie man in solchen Fällen
    herumzustehen pflegt, herum.

    Er lehnte meistenteils an Säulen.
    Die Freuen kamen, Mann für Mann,
    und sahen sich den Neger an.
    Und kriegten auf dem Busen Beulen.

    Sie machten ihm enorm zu schaffen.
    Mit Wein und Weib. Auch mit Gesang.
    Sein Schurz war, wie gesagt, nicht lang,
    und sie durchsuchten ihn nach Waffen.

    Sie lockten ihn an dunkle Stellen
    und zwangen ihn zu dem und dem.
    Er war kein Freund von Maskenbällen
    und fand es riesig unbequem.

    Die eine wollte gar nicht weichen,
    obwohl sie sah, wie sehr er litt,
    und nahm sein Lendenschürzchen mit.
    Sie sagte nur: „Als Lesezeichen…“

    Das hätte sie nicht machen sollen!
    Er hatte angebornen Takt,
    verließ, sofort und völlig nackt,
    den Ball – und ist seitdem verschollen.

    Wie der Lokal-Anzeiger glaubt,
    hat ihn, zwecks unerlaubten Zwecken,
    ein Mädchenpensionat geraubt!
    Dort wird man ihn schon gut verstecken.

    Erich Kästner

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  13. @Maria: Du argumentierst, dass a) eine diskriminierende Bezeichnung unreflektiert von den Kindern übernommen werden könnte und b) das Wesen des Kinderbuchs durch die Umschreibung nicht verändert würde.

    ad a) Ich finde, dass Pippi Langstrumpf grundsätzlich nicht unreflektiert bleiben sollte. Sonst wollen alle Kinder allein leben mit ihrem Haus, dem Äffchen und dem Pferd. ;-D

    Das Kind bewegt sich komplett außerhalb der gesellschaftlichen Norm. Dafür hat sie aber ihre Freunde, die die Verkörperung von Anstand und Wohlerziehung sind. Das kapiert jedes Kind auch ganze alleine. Und wenn Pippi Langstrumpf nicht das einzige Buch bleibt, das dieses Kind liest oder das ihm vorgelesen wird, dann ordnet sich auch ein Wort ganz schnell wieder ein.

    ad b) Ein Buch ist immer ein Gesamtwerk. Man kann es nicht einfach teilweise verändern ohne dadurch sein Wesen zu verändern. Es beginnt mit einem Wort, aber dann müsste auch die Geschichte mit dem Kongo raus. Wenn wir weiter suchen, finden wir bestimt noch mehr. Strümpfe mit Strapsen bei einem pubertierenden Mädchen sind auch höchst bedenklich. Und am Ende ist Pippi nicht mehr das Mädchen außerhalb der Norm, sondern höchst stromlinienförmig. Dann funktioniert die Geschichte nicht mehr.

    Pippi Langstrumpf wurde in einem bestimmten zeitlichen Kontext geschrieben. Wollte man die Geschichte modernisieren, sollte man sie komplett neu schreiben.

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    • Hallo Susanne, deine Argumentation kann ich gut nachvollziehen – aber wäre es für das Gesamtwerk nicht dienlicher einfach den einen Begriff (der wie oft…darin vorkommt?) in der Neuauflage durch einen Namen zu Ersetzen. Eine komplette Überarbeitung würde mir dann schon eher weh tun, denn dann würde wirklich das Werk als solches verloren gehen. Und ich finde es sollte weiterhin von Kindern gelesen werden- bzw. Kindern vorgelesen werden – weil es einfach eine wunderschöne, märchenhafte Erzählung ist. Aber dein Vorschlag ist ein konsequenter und nachvollziehbarer Ansatz… der mich überzeugen könnte… aber leider mit der Konsequenz, dass das Buch nicht mehr neu aufgelegt werden dürfte… hm…

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  14. Nebenan im Blog „Evidenzbasierte Ansichten“ gibt es einen lesenswerten Beitrag, der einiges aus der Diskussion hier nochmal zuspitzt und auf den Punkt bringt, unter anderem: „Die Vorstellung, Wörter trügen Schuld und ihr Ausmerzen könne diese Schuld tilgen, ist magisches Denken in Reinform. Die politische Korrektheit ist in diesem Sinne eine moderne Form der Geisteraustreibung. Sie versucht, die bösen Geister des Rassismus, des Sexismus, und überhaupt jedes falschen Bewusstseins auszutreiben, indem sie ihre Träger, die Wörter, ausmerzt und so die Welt besser macht.“

    Also, lesen bitte: http://evidentist.wordpress.com/2013/01/26/sollen-wir-pippi-verbrennen/

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  15. Hallo Maria,
    wenn ich auch deine Meinung teile, dass das Wort „Neger“ durchaus nicht mehr zeitgemäß ist und auch der Ansicht bin, dass es in heutiger Literatur nur zur Verdeutlichung vergangener Missstände genutzt werden sollte, so finde ich es doch falsch, diese Worte in Neuauflagen älterer Bücher herauszustreichen oder umzuändern.
    Hierfür gibt es mehrere Gründe:
    1. Wie können wir uns anmaßen gegen den Willen von Autoren (zumindest im Fall von Astrid Lindgren) ihre Texte umzuschreiben?
    M. E. ist es das Recht eines jeden Einzelnen, sich seine eigene Wortwahl auszusuchen und bei dieser zu bleiben. Wenn Wortwahl oder Formulierung jemandem missfallen, dann kann er sich dazu entscheiden, das Buch nicht zu kaufen!
    2. Schaffen wir nicht viel eher ein Problem durch das Abändern von veralteten, nicht mehr politisch korrekten Begriffen, als dass wir eins lösen?
    Wenn wir umstrittene Begriffe umschreiben, so kommt das einer Verleugnung derselben gleich. Dadurch bannen wir vielleicht die Worte aus dem Sprachgebrauch, rauben uns aber auch eines Werkzeugs gegen die diskriminierende Nutzung dieser Worte. Wenn wir nicht aufgeklärt und offen, gerade gegenüber Kindern, mit solchen Begriffen umgehen, so können wir ihnen auch nicht vermitteln, welch gefährliche Konnotation diesen Begriffen innewohnen kann und ihnen beibringen sich zu wehren.
    3. Wie weit sollen die Veränderungen gehen?
    Ray Bradburys Anmerkung zu Fahrenheit 451 ist völlig zutreffend, wobei ich weitergehen würde und sagen würde, dass es nicht nur die Minderheiten, sondern auch immer mehr die Mehrheiten sind, die bereit sind aus Gründen der politischen Korrektheit Bücher abzuändern und dass dies, überspitzt formuliert, einer teilweisen Verbrennung gleichkommt. Wollen wir uns wirklich zu einer Gesellschaft entwickeln in der Textstellen geschwärzt werden?
    Haben wir nicht gerade in Deutschland eine erhöhte Verantwortung aus der Vergangenheit unsere Lehren zu ziehen und im Umgang mit Texten, mögen sie auch nicht mehr zeitgemäß erscheinen, besonders rücksichtsvoll umzugehen? Ich würde noch weiter gehen und Punkt 2 mit einbeziehen: Sollten wir nicht einem sechsjährigen Kind, das ist das empfohlene Lesealter, nicht schon von Hause aus vermitteln, dass Begriffe wie „Neger“ und „Zigeuner“ heutzutage nicht mehr zeitgemäß sind? Sind Bücher in denen diese Begriffe auftauchen nicht sogar notwendig um uns daran zu erinnern, dem Kind das zu erklären? Können wir uns mit diesem Kind nicht hinsetzen und ihm, natürlich kindgerecht erklären, wieso manche Begriffe schlechter sind als andere und dass diese Menschen verletzen können? Ich meine ja und ich meine auch im gleichen Zug, dass der kleinen Senegalesin Ishema Kane eher erklärt werden sollte, dass der Begriff Neger erstens nicht immer nur „schwarzenfeindlich“ benutzt wurde, sondern es eine Zeit gab in der es ein zumindest weitgehend neutraler Begriff war und zweitens, dass sie auch die Wahl hat, solche Bücher nicht zu lesen.
    Wenn wir wollen, dass die nachfolgenden Generationen zu gebildeten, denkenden, aufgeklärten, hoffentlich besseren Menschen als wir werden, dann müssen wir möglichst früh mit Ihnen in einen Dialog treten und Ihnen auch das Unangenehme nicht vorenthalten. Wir müssen sie darauf vorbereiten, dass nicht immer alles schön und lieb ist, wir müssen Ihnen aber auch vermitteln, dass es eines unserer fundamentalsten Grundrechte ist, seine Meinung frei zu äußern und so zu formulieren, wie man selbst es für richtig erachtet.
    Zum Abschluss noch kurz die eine Frage: wenn Carl Sagan sagt, Schreiben sei wohl die beste Erfindung der Menschheit, weil Bücher einem die Möglichkeit geben mit einem Blick in den Geist des Schriftstellers zu blicken, auch wenn er schon Jahrhunderte tot ist, in wessen Geist schauen wir dann, wenn wir Texte lesen, die von Dritten abgeändert und umformuliert worden sind?

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  16. Guten Morgen!

    Ein schwierigeres Thema als man annehmen möchte.

    @Maria: Ja, ein Buch, das nicht mehr zeitgemäß ist, sollte m. E. nicht mehr aufgelegt werden. Bewahren, ja, vermarkten oder gar auf Lehrpläne setzen, nein. Das „Problem“ mit Pippi ist, dass sie nicht so richtig unzeitgemäß ist. Die Verlage möchten mit so einer hübschen Geschichte gerne noch Geld verdienen. Um aber nicht als politisch unkorrekt zu gelten, ersetzen sie einfach das Wort. Das mag so ein Verlag als pragmatisch empfinden und manch einer dort mag sich auf die Schulter klopfen wegen der tollen Idee, ich halte es immer noch für Zensur.
    P. S.: Ich heiße übrigens Susann. Ohne e. Nicht einfach „umschreiben“, gell! ;-)

    @Christian: Ich kann mich da nicht ganz anschließen. Wörter haben Macht. Schlechte Wörter vergiften das Denken. Es ist richtig, diskriminierende Wörter aus unserer Alltagssprache zu eliminieren. Es ist aber nicht richtig, sie rückwirkend streichen zu wollen. Das beraubt uns der Möglichkeit, über vergangene Verfehlungen und Grausamkeiten zu reden. Und das wiederum führt dazu, dass sie wieder geschehen können.

    @e.Hahn:
    Ad 1: Ich bin nicht einverstanden, dass es jedem gestattet sein sollte, im heutigen Umgang bei seiner Wortwahl zu bleiben, wenn sie denn andere Menschen verletzt. Ich nehme mir durchaus das Recht, in meinem Umfeld Menschen darauf anzusprechen, wenn sie Formulierungen verwenden, die nicht angemessen sind. Jedenfalls dann, wenn ich denke, dass es Sinn ergibt,weil es vielleicht aus Unüberlegtheit geschieht oder wenn ich merke, dass eine Diskussion noch zum Umdenken führen kann. Von Menschen mit etablierter fremdenfeindlicher Einstellung distanziere ich mich.
    Einem Autor posthum Vorwürfe zu machen, dass er in der für seine Zeit üblichen Sprache formuliert hat, ist natürlich Unfug. Mal ganz davon ab, dass Pippi Langstrumpf eher ein Plädoyer für Toleranz ist als die Absicht hat, zu diskriminieren. Damals hat man halt Neger gesagt und plötzlich hat das Wort in einer Geschichte gar keinen negativen Wert mehr. Das hat damals funktioniert wie es sollte. Heute tut es das nicht mehr.

    Ad 2: sh. mein Kommentar an Christian

    Ad 3: Nein, die Bezeichnung „Neger“ war früher nicht neutral. Sie war sicher nicht immer feindlich, aber sie war mindestens despektierlich und damit durchaus diskriminierend. Wenn die Diskussion so geführt wird, dann hat ein Mädchen aus dem Senegal völlig Recht, sich zu beklagen. Wird ein Buch jedoch dazu genutzt, dass sie sich ggü. Ihren Schulkameraden äußern kann, wie verletzend das für sie ist und warum man so weder denken noch reden sollte, dann entsteht ein Gewinn.

    Die freie Meinungsäußerung wird gerne bemüht. Da erstarren wir kurz in Ehrfurcht. Ich weiß aber gerade keine Meinung, in der wir das Wort „Neger“ benötigen ohne dass die Aussage diskriminierend wird. Um meine Meinung zu äußern, benötige ich das Wort nicht.

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  17. @Susann

    Natürlich haben Wörter Macht, oder genauer gesagt Sprache. Die Feder ist mächtiger als das Schwert … Ich sehe das Problem eher wie Markus es weiter oben geschrieben hat: Wir „eliminieren“ ein Wort und lehnen uns gemütlich zurück, weil wir ja was getan haben. Ist auch viel einfacher ein Wort zu bannen als ein Problem zu lösen. Und es ist viel einfacher nicht mehr „Neger“ zu sagen als gegen die vielen großen und kleinen Rassismen oder Diskriminierungen im Alltag vorzugehen.

    Problem Nummer 2: Die Sache ist selten eindeutig. Beim „Neger“ herrscht inzwischen weitgehend Konsens, das hat aber auch ein paar Jahre gedauert, bis es so weit war. Ex gibt X andere Begriffe, die weniger eindeutig pejorativ verwendet werden, von denen sich aber bereits manche / einige / viele beleidigt, angegriffen etc. fühlen. Wer entscheidet, wer wann was verwenden darf, was noch geht und was schon nicht mehr. Wer ist die anerkannte Sprachreinigungsinstanz?

    Und was die Verwendung von Wörtern in ihrem historischen Kontext angeht, sind wir uns glaube ich einig ;-)

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  18. Es ist schon interessant, was ein so kleines Wort anrichten kann. Ich muss mich fast wegschmeißen, wenn hier Kommentatoren vom „N-Wort“ sprechen oder neben der Verwendung der obligatorischen Gänsefüßchen auch noch den Großteil der Buchstaben des Wortes Neger weglassen, als wenn eine übergeordnete Instanz auf der Suche nach der Verwendung des Wortes Neger irgendwann einen Rückschluss auf den Autor ziehen könnte. Echt lächerlich. Im Übrigen halte ich diesen seltsamen Brief an die Zeit für nicht authentisch. Aber der Wind der insgesamt darum gemacht wird, ist etwas übertrieben.

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  19. Die nackten Tatsachen in Bildern und Statuen mögen im 16. Jh. als unanständig empfunden worden sein, weshalb man sie hat übermalen lassen. Die Penisse und Brüste haben aber niemanden beleidigt oder herabgewürdigt. Das Wort Neger in Kinderbüchern ist nicht einfach ein Teil von Kunstwerken, die heute anders gesehen werden als zur Zeit ihrer Erschaffung. Das Wort stellt eine zumindest implizite Herabsetzung von Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe dar. Insofern hinkt Ihr Vergleich gewaltig.

    Im übrigen ist es ganz einfach: Wenn ich Leute nicht beleidigen oder herabwürdigen will, benutze ich keine Wörter, die diese Wirkung haben. Wenn Schwarze (nicht alle, aber viele, und das ist genug) glaubhaft machen, dass sie sich durch die Bezeichung Neger herabgesetzt fühlen, ist das ein guter Grund, auf die Benutzung dieses Wortes zu verzichten. Weder die Kunst noch die Literatur noch die Freiheit der Meinungsäußerung werden dadurch beeinträchtigt oder beschädigt. Aber Kinder mit schwarzer Hautfarbe können das Vorlesen solcher Bücher genießen, ohne dabei regelmäßig irgendwelche rassistischen Störungen ignorieren oder verarbeiten zu müssen.

    Ich sehe eigentlich keinen Grund, dieses Wort zu benutzen. Schon gar nicht dort, wo es für die Geschichte unwesentlich ist.

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  20. Ich fände es völlig falsch, wenn Bücher, die nicht Zeitgemäß sind, nicht mnehr veröffentlicht würden.
    Bücher sind IMMER ein Spiegel ihrer Zeit. Somit ist es enorm wichtig, dass sie weiter gelesen werden, da man mit einem Buch auch immer etwas über die Zeit lernt, in der es geschrieben wurde. Dies gilt auch für Kinderbücher wie Pipi Langstrumpf.
    Somit wäre es m. E. auch falsch irgendetwas in ihnen zu ändern. Dieses Recht obliegt nur den Autoren.
    Weiterhin muss ich e.hahn zustimmen, wenn er sagt, dass man Worte nicht verbieten sollte. Auch wenn es diskriminierend oder beleidigend ist. Es muss in der Verantwortung des Einzelnen liegen, wie er damit umgeht. Ich würde allerdings bei der Benutzung solcher Wörter ähnlich reagieren wie Susann.
    Noch ein wichtiger Punkt. Die Art und weise wie man etwas sagt, ist genau so vom Recht der freien Meinungsäußerung gedekt, wie der Inhalt, den man rüber bringen will, auch wenn einem dies nicht gefällt, selbst wenn das gesagte offensichtlich polemisch oder beleidigend ist.
    (Hier wiederum die Frage wie das mit direkten Beleidigungen ist… Aber das wird zu einer juristischen Diskussion…)

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  21. @Susann: Ich glaube wir sind bis auf wenige Punkte einer Meinung und fände es schade aufgrund ungeschickter Formulierungen mißverstanden zu werden. Daher folgendes: Ad 1.: Ich bleibe fest dabei, dass es jedem heute gestattet werden sollte, selbst zu entscheiden, wie er sich ausdrückt, wenn auch ich es auch als ebenso selbstverständlich erachte, dass jeder das Recht und die Pflicht hat, sich gegen unpassende, diskriminierende oder verletzende Ausdrücke zu wehren und dagegen anzugehen. Gerade letzteres ist das Wichtige! Wir ösen ein Problem nicht damit, dass wir das Worte verbieten, (dann mag das Wort verschwinden, das Problem dahinter bleibt aber) sondern indem wir der Benutzung dieser Worte entgegentreten und in einen Diskurs eintreten. Auch ich benutze das Wort Neger nicht und auch ich nehme mir das Recht heraus und sehe es als meine Pflicht, Menschen entgegenzutreten und Ihnen zu widersprechen, wenn sie etwas diskriminierendes oder menschenfeindliches von sich geben. Auch distanziere ich mich von Menschen, bei denen ich eine solche Gesinnung haben, oder verbreiten wollen. Das alles ist auch mein gutes Recht. Ich kann es Ihnen dennoch nicht verbieten, auch wenn ich mir vorstelle, dass eine Welt ohne Diskriminierung und Fremdenfeindlichkeit viel schöner wäre. Evelyn B. Hall sagte einst: „Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst.“ und das ist ein für mich sehr wichtiger Satz, gerade, auch, weil er nicht nur in eine, sondern in beide Richtungen geht. Nicht nur gestehe ich meinem Gegenüber das Recht zu sagen, was er will, sondern nehme mir auch das recht es zu verdammen und aufgrunddessen dagegen anzukämpfen. Und gerade bei Pippi Langstrumpf, dass auch ich als Plädoyer für Toleranz sehe ich den Begriff „Neger“ schon fast als förderlich, weil er eben eine weitere Eben des Dialogs ermöglicht und eine simple Möglichkeit gibt, Kindern in einem schon bestehenden Kontext zu vermitteln, dass es ein inakzeptabler Begriff ist. Ad 2. zwar bin auch ich dafür, Worte nicht zu benutzen, die, wie Sie es formulieren „unser Denken vergiften“, ich erachte die Verwendung dieser Worte nur noch zur Verdeutlichung historischer Kontexte und zur Verdeutlichung inakzeptabler Umstände als notwendig. Dies meine ich insofern, dass auch heute die literarische und filmische Notwendigkeit bestehen kann, z. B. Dialoge unter Einbeziehung dieser Worte zu kreieren um Problematiken zu verdeutlichen. Ansonsten, betone ich nochmals, bin auch ich der Ansicht, dass soche Begriffe nicht benutzt werden sollten! Ad 3. Obgleich ich auch „weitgehend neutral“ sagte und nicht neutral, so ist das unglücklich formuliert. Natürlich hatte der Begriff „Neger“, wie auch viele andere immer ein pejoratives Element, wie auch viele andere Herkunfts- oder Aussehenbeschreibungen, das stelle ich gar nicht außer Frage! Nichtsdestotrotz war dieser Begriff Bestandteil des allgemeinen Sprachgebrauchs und wurde auch ohne abwertenden Kontext benutzt. Weiterhin spreche ich besagter Senegalesin durchaus nicht das Recht ab, sich zu beschweren. Ich finde nur ihr sollte auch dieser Faktor nahegebracht werden, nämlich, dass es in der Vergangenheit Menschen gab, die diesen Begriff auch ohne feindliche Gesinnung nutzten. Mein Ziel ist es doch, dass Menschen, insbesondere auch Kinder lernen in einen Diskurs zu treten und dann ihren eigenen Weg zu finden. Das wäre auch in meinen Augen ein großer Erfolg.
    Ich hoffe ich konnte damit ein wenig meinen Standpunkt verdeutlichen. Auch erwarte ich ehrlich gesagt voller Spannung eine antwort von Maria, an die meine erste Äußerung ja gerichtet war.

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  22. Ich erinnere mich nicht mehr genau daran, ob meine Kinder ( 19 Jahre und 21 Jahre alt ) es wirklich geschafft hatten, den Begriff „Mohrenkopf“ und „Negerkuß“ aus Ihrem Wortschatz restlos zu verbannen. Zigeunerschnitzel bestellen und Essen die Beiden bis heute……
    Das sind Erziehungsfehler, da wird mir jetzt ganz übel.

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  23. Ich habe langsam das Gefühl, wir drehen uns bezüglich der Argumentation etwas im Kreis, vielleicht ist es gut zur Diskussion etwas Abstand zu nehmen und die Argumente der jeweiligen Seiten erst mal „sacken“ zu lassen.

    Ich habe jedenfalls keine neuen Argumente wohl aber ein neues und noch kritischeres Ergebnis bezüglich der Kindergeschichte.

    In Bezug auf das Buch „Pippi Langstrumpf“ bin ich für mich – nach dieser Diskussion – zum Ergebnis gekommen, dass diese Geschichte überhaupt nicht mehr geeignet ist für die Zielgruppe an die es sich eigentlich wendet.

    Ich hätte das Buch vielleicht sogar davor – völlig unkritisch einem Kind geschenkt und zum Lesen gegeben, da ich selbst die Geschichte schon vor sehr langer Zeit das letzte mal gelesen habe – daher hätte ich auch gar nicht mehr an das aus heutiger Sicht kritische Kapitel gedacht und die problematische Wortwahl (meine Erinnerung war nur noch Pippi, das ist doch das starke Mädchen mit den roten Zöpfen, dem Pferd und dem Äffchen). Dann wäre ich letztlich wohl ganz schockiert gewesen, wenn das Kind später auf ein dunkelhäutiges Kind gezeigt hätte und es entsprechend betitelt hätte oder die Eltern des Kindes über das Geschenk brüskiert gewesen wären.

    Diese Diskussion ist auf jeden Fall wichtig um zu sensibilisieren – vor allen diejenigen, die solche Bücher verschenken oder vorlesen.

    Fraglich ist, ob es sich hier bei der konkreten Wortwahl der Autorin überhaupt um eine Meinung handelt… Die Unveränderlichkeit des Werkes könnte wohl eher daraus resultieren, dass es ein Gesamtkunstwerk seiner Zeit handelt. Damit kämen wir zum Ergebnis, dass es nicht angepasst werden dürfte (zumindest nicht ohne weiteres). Und dann?

    Dann stellt sich viel mehr die Frage, ob das Werk in seiner Machart überhaupt noch für das vorgeschlagene Lesealter geeignet ist. Vielleicht müsste das Buch sogar mit einem entsprechenden Vorwort oder einer Legende versehen werden – um es nicht unkritisch in der heutigen Zeit dahin stehen zu lassen – dann wäre dies das mildere Mittel (also Anhebung des Lesealters und ein Vorwort und sowie Fussnoten an entsprechender Stelle). Aber meiner Ansicht nach darf es nicht sein, dass Kinder durch die Geschichte völlig unkritisch an den Begriff „Neger“ herangeführt werden und es hier in der Geschichte sogar als Synonym verwendet wird um damit dunkelhäutige Menschen zu beschreiben. Damit würde man der Entwicklung der Gleichbehandlung und der Internationalisierung in Kindergärten und Schulen sonst nicht genügend Rechnung tragen.

    Ich finde es wirklich konsequenter – unter Berücksichtigung der weiteren Argumente von Susann – (ohne e ;-)) – das Buch nicht mehr für Kinder dieses Lesealters aufzulegen. Das hat nichts mit Verleugnung zu tun. In der Geschichte Pippi Langstrumpf wird das lesende Kind ganz unkritisch an die Verwendung des aus heutiger Sicht einfach nicht mehr tragbaren und diskriminierenden Begriff „Neger“ herangeführt. Besser wäre es, wenn man eine solche – wie von euch auch – geforderte Aufklärung an einer geeigneteren Lektüre für das Lesealter betreibt. Beispielsweise an einer Lektüre, bei der die Moral der Geschichte ist, dass man den Begriff „Neger“ nicht verwendet für die Bezeichung von schwarzen Mitbürgern.

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  24. Maria hat recht, wenn sie sagt, dass die Diskussion sich im Kreise dreht.
    Ich weiß nicht, welches das vorgeschlagene Lesealter für Pipi Langstrumpf ist. Ich würde aber sagen, dass man es einem Kind ab Grundschulalter durchaus zutrauen kann so ein Buch zu lesen. Kinder bekommen ja nicht nur Einflüsse durch das jeweilige Buch, welches sie gerade lesen, sondern auch von Eltern, Schule Freunden, Tanten, etc. etc.
    Das heißt, wenn es einen Begriff wie Neger benutzt wird es damit relativ schnell auf die Schnauze fliegen (um es mal polemisch auszudrücken) Man kann dem Kind dann erklären, was es damit auf sich hat. Wenn ich mich recht erinnere habe ich in der Grundschule nebst Pipi Langstrumpf auch andere, viel unzeitgemmäßere Bücher (Karl May u. Ä.) gelesen. Ich fand sie einfach gut, weil es spannende Geschichten waren. Ich wäre, soweit ich weiß, trotzdem nicht auf die idee gekommen, kritische Begriffe zu benutzen, oder gar die nationalistisch und radikal christliche Haltung Karl Mays anzunehmen. Das hätte meine sonstige Erziehung einfach nicht zugelassen.
    Worauf ich hinaus will: Viele geschichten, wie Pipi Langstrumpf sind einfach tolle Geschichten. Und Kinder, spätestens im Grundschulalter sind durchaus in der Lage Geschichten zu reflektieren. Ihretwegen braucht man sie nicht zu ändern. Ersatzweise kann man ja sowohl Kinder-, als auch Jugend und Erwachsenenauflagen verlegen. Das würde ich aber für unnötig halten.

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  25. Ein Hammer ist nützlich. Man kann damit Häuser bauen. Man kann damit aber auch einen Menschen erschlagen. Der Hammer kann weder für das eine noch für das andere etwas. Er ist einfach Hammer: Ein Werkzeug.
    Wer ihn verwendet, entscheidet darüber, ob er damit Gutes oder Grauenhaftes tut.

    Wenn Wörter rassistisch verwendet werden, sind nicht die Wörter rassistisch, sondern die Menschen, die sie verwenden. Die Menschen weisen ihnen ihre Bedeutung zu.
    – Es kommt wie immer und überall auf den Kontext, auf den Sinnzusammenhang, auf die Situation, auf den Moment an!

    Wenn wir alle Hammer dieser Welt beseitigen, schaffen wir damit noch lange nicht das Morden ab. Wenn wir alle Wörter beseitigen, die rassistisch verwendet werden können, sind wir … sprachlos.
    Denn es sind nicht die Wörter, sondern bestimmte Menschen, die rassistisch sind. Pippi Langstrumpf war und ist es gewiss nicht.

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    • Nachtrag:
      – Es ist also Schwachsinn, zu glauben, man könne Rassismus verhindern, indem man bestimmte Wörter zensiert oder ändert.
      – Es ist geradezu unverantwortlich, wenn man Kindern nicht zumutet und zutraut, kontextabhängig zu denken und zu verstehen.
      – Es ist reine Dummheit, wenn man Kindern jegliche Möglichkeit raubt, differenziert zu denken, – Es ist eine Form von Rassismus und ganz sicher diskriminierend, wenn man Wirklichkeiten, die einem unangenehm sind, anpasst, verschönt, verschleiert, versteckt oder umformt.
      – Es ist völliger Blödsinn, ausgerechnet in Pippi Langstrumpf Rassismus oder Diskrimierung herauszulesen.
      – Es sollte einmal grundsätzlich darüber nachgedacht werden, ob wir unseren Kindern nutzen, wenn wir die Welt in anderen Farben darstellen als sie tatsächlich ist.
      – Diskrimierung, Sex und Gewalt müssen auch in Literatur für Kinder ihren Platz haben. Im richtigen Kontext! Damit Kinder lernen, richtig vorbereitet, angemessen, stark, selbstbewusst und verantwortlich mit solchen Situationen umzugehen.

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  26. “Das Abendland steht und fällt doch nicht damit, ob in der “Kleinen Hexe” von “Negerlein” die Rede ist oder in “Pippi Langstrumpf” vom “Negerkönig”.” So das Argument des SPIEGEL, das du zitierst. Dieses Argument ist ein Eigentor und widerlegt sich selber. Denn wenn es stimmt, können die Neger ja ruhig stehenbleiben…

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