Digi-digi-digitale Medientage in München

Ich war heute – erstmals – auf den Münchener Medientagen. Was soll ich sagen? Eine schwierige Veranstaltung. Ich fühlte mich ein paar Jahre in die Vergangenheit zurückversetzt. Warum, könnt ihr hier nachlesen …

Klar, jeder kann sich mal verstottern und versprechen. Erst Recht, wenn er sie bis tief in die Nacht Sondierungsgespräche mit den Grünen in Berlin führen und am nächsten Morgen die Medientage in München eröffnen muss. Aber es ist schon wunderbar bezeichnend, dass Ilse Aigner, stellvertretende Ministerpräsidentin und erste Medienministerin (!) Bayerns ausgerechnet beim Wort „digtal“ ins stolpern kam. „Digi-digi-digital“ stotterte der Aignersche Sprach-Motor, während sie ansonsten emotions- und lustlos eine Binsenweisheit nach der anderen vorlas, die ein von den Musen schon lange nicht mehr geküsster Redenschreiber ihr zusammengedichtet hatte.

Medienministerin Aigner auf den Medientagen MünchenNatürlich war es schon immer politisches Selbstverständnis, dass wer gestern noch BauernlobbyVerbraucherschutzministerin in Berlin war, morgen Medienministerin in Bayern sein kann. Aber das Ausmaß an uninspirierter Aignerscher Phrasendrescherei („Das Internet hat die Kommunikation verändert“) macht einen wenig optimistisch für die bayerische Medienpolitik der nächsten Jahre.

Das Internet geht nicht wieder weg!

Immerhin beschloss das „hochkarätig“ besetzte Podium bei der anschließenden Diskussion, das inhaltliche Niveau nicht allzu sehr zu erhöhen (wahrscheinlich, um die Ministerin nicht bloßzustellen). Zentrale Erkenntnis des zweistündigen Geplänkels war folgerichtig, dass das Internet „nicht wieder weggeht“.

Schwer geschockt von dieser Information stellte der Zuhörer außerdem mit einiger Verwunderung fest, dass alle auf dem Podium – vom Zeitungsverleger über den Fernseh-Chef bis zur Uni-Professorin – irgendwie ganz zufrieden waren mit der derzeitigen Situation und die Digitalisierung recht locker nehmen („Die Auflage der Tageszeitungen ist in den letzten zehn Jahren kaum zurückgegangen“), sodass man sich zum Abschluss schon fragte, ob alle die disruptive Kraft der neuen Technologien wirklich verstanden haben.

Google, der alte neue Feind

Auch sonst fand ich diese Medientage bzw. den einen Medientag, den ich erlebt habe, nicht sehr prickelnd. Ich habe mir zwei Podiumsdiskussionen zur Zukunft von Suche und Google angehört. In der ersten wurde dem Publikum erst mal erklärt, was Suchmaschinenoptimierung ist. (Auf Medientagen! Im Jahr 2013!)

In der zweiten hat ein sehr alter Professor erklärt, warum das Leistungsschutzrecht so richtig und wichtig ist und dass er es irgendwie fair fände, wenn Google von seinem wahnsinnigen Reichtum ein Stück abgäbe (aber nicht etwa den Bedürftigen in Deutschland, sondern den Verlagen; oder ist das dasselbe?). Dabei fand ich weniger erschütternd, dass ein sehr alter Professor so eine Meinung vertritt, sondern dass solche Dinosaurier es im Sommer geschafft haben, aus einer völlig abstrusen Idee ein Gesetz zu machen.

Jedem seine Filterbubble

Die Medientage in der FilterblaseZugegeben, auch ich bewege mich in meiner Filterblase, in der viel Digitales längst Alltag ist. Aber bei vielen Meinungen und Diskussionsbeiträgen auf diesen Medientagen dachte ich, wir hätten sie längst hinter uns gelassen. Google, der Feind des freien Internets? Das war vielleicht vor drei, vier Jahren so. Dann war Facebook der Feind (vor allem der Datenschützer), aber auch das haben wir hinter uns gelassen, seit wir ahnen, dass vielleicht doch der gute alte Vater Staat bzw. die von ihm geduldeten Geheimdienste der Feind sein könnten.

Facebook spielte kurioserweise auf diesem Medientag überhaupt keine Rolle, und die Causa NSA wurde raunend erwähnt, aber nicht wirklich diskutiert. In der Filterblase der Medientage 2013 dominiert noch eine Gemengelage von vor drei Jahren. Insofern dürfen wir uns auf eine intensive Auseinandersetzung mit den heute aktuellen Themen freuen – auf den Medientagen 2016.

13 Gedanken zu “Digi-digi-digitale Medientage in München

  1. … das Internet wird aktuell von jeder Generation anders verstanden bzw. anders nicht verstanden. Darum müssen alle bezüglichen Diskussionen/Events so lange wiederholt werden, bis uns endlich ein generationsübergreifendes „Standard-Verständnis“ vereint ;-)

    Sehr schöne Beschreibung, – erlebe immer wieder Ähnliches: Und täglich grüßt das Murmeltier !
    Mein Tipp, – geh´einfach nur zu 50% solcher Events, – Du verpasst NIX : -)

    Mein Empfehlung: Herr Pelzig von gestern ab Minute 32.00

    http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/2006420/Pelzig-haelt-sich-vom-15.-Oktober#/beitrag/video/2006420/Pelzig-haelt-sich-vom-15.-Oktober

    Like

  2. Hi Christian, danke für diesen Post.
    Ich muss gestehen, ich stimme da mit vielem überein.
    Aber da die beste Devise immer noch heißt „Selber machen“, sind wir das angegangen und ich freue ich mich, wenn Du am Freitag auch auf den Medientagen bist, doch auf der Gamify Conference ab 10h vorbeikommst.

    Ich würde mich sehr freuen wenn wir dir hier wenigstens ein paar neue und interessante Infos bieten können :-) http://www.gamifycon.org. Cheers, Roman

    Like

  3. Sehr gewagte These die du mit „Das Internet geht nicht wieder weg!“ da aufstellst. Ist es nicht so, dass alles was von allein kommt auch wieder von allein verschwindet?
    Aber im Ernst: Danke für diese Zusammenfassung einer Veranstaltung, die ich echt mal auf meinem Plan hatte. Erfreulicherweise habe ich mir das gespart.
    Was ist aber die Erkenntnis daraus? Sollten wir es vielleicht einfach besser machen? Gibt es schon die digitalen Medientage Nürnberg? Sollten wir die ins Leben rufen? Sollten wir den Politikern der Landeshauptstadt zeigen welche geballte Medienkompetenz dagegen in Nürnberg herrscht? Mal drüber nachdenken….

    Like

  4. Der Redakteurin der Süddeutschen Zeitung, die die Medientage besuchen durfte, ist es offenbar ähnlich gegangen wie mir: „Bei manchen Diskutanten hatte man das Gefühl, sie seien in einer Zeitkapsel angereist und hätten gerade zum ersten Mal vom großen bösen Internet gehört …“ (Heute in der SZ)

    Like

  5. ich fand es ein hammer dass die bei dem Thema mobile life keine App hatten.. und das programm war so unüberslichtlch .. ich habe 3 tage lang nur gesucht .. ich war das letzte mal auf den medientageq

    Like

Und jetzt sag deine Meinung:

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..