Zitat am Freitag: Folter

Foltern für mehr Sicherheit? Nein, denn der Zweck heiligt eben nicht die Mittel …

Wer dachte, die Ächtung von Folter in der zivilisierten Welt sei selbstverständlich, wurde kürzlich eines Besseren belehrt. Die CIA hat im so genannten Kampf gegen den Terror systematisch gefoltert, was ein Bericht des US-Senats nun detailliert dokumentiert hat. Darum geht es auch im Zitat der Woche:

Allein der Umstand, dass in einem vermeintlich freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat über die Legitimität der Folter überhaupt diskutiert wird und öffentlich darüber gestritten wird, ob die Folterpraxis denn zu irgendwelchen verwertbaren Erkenntnissen geführt hätte, beinhaltet einen Paradigmenwechsel. Diese öffentliche Diskussion in den USA stellt nämlich die Ächtung der Folter in Frage. Folter ist nicht deshalb geächtet, weil sie ungeeignet ist, zuverlässige Erkenntnisse zu liefern. Dies ist allenfalls ein Nebeneffekt, der die Richtigkeit des Folterverbots bestärkt. Folter ist deshalb geächtet, weil sie immer die Würde des Menschen verletzt. Das Folterverbot muss daher absolut sein, ohne jegliche Ausnahme. Die Folter zählt zu den gravierendsten Menschenrechtsverletzungen.

Sagt: Rechtsanwalt Thomas Stadler im Blog „Internet-Law“. Und es geht mir wie ihm: Erstaunlich fand ich nicht, dass die CIA gefoltert hat. Erstaunlich fand ich nicht mal die ekelhaften Details, die durch den Senatsbericht offen gelegt wurden. Erstaunlich und befremdlich fand ich, dass nicht wenige US-Politiker – Republikaner versteht sich – die Folter dadurch zu legitimieren versuchten, dass sie ja „wirksam“ gewesen sei, in dem Sinne, dass sie geholfen habe, Verbrechen zu verhindern und Terroristen auszuschalten. Allen voran George W. Bush, dessen Wortmeldung zum Thema Folter einen daran erinnert hat, wie wohltuend es ist, im Großen und Ganzen nichts mehr von ihm zu hören.

Der Senatsbericht hat deutlich gemacht, dass die Folter nichts zur Aufklärung oder Verhinderung von Terrorakten beigetragen hat. Wichtige Erkenntnisse wurden durch normale Verhöre unter anderem durch das FBI gewonnen. Aber das ist nicht der Punkt. Selbst wenn die Folter geholfen hätte, Terror zu verhindern und Menschenleben zu schützen: Es hätte sie nicht legitimiert. Zugegeben: Es ist eine der größten Herausforderungen für eine wehrhafte Demokratie, auch den übelsten Schurken – Terroristen, Kinderschändern, gewaltbereiten Neonazis in der Nachbarschaft, wem auch immer – eine unantastbare Menschenwürde zuzugestehen. Aber anders geht es nicht.

Lesenswert dazu: Die UN-Antifolterkonvention, die übrigens auch von den USA ratifiziert wurde.

Schönes Wochenende!

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8 Gedanken zu “Zitat am Freitag: Folter

  1. Danke für diese klare Stellungnahme. Wer hier in den USA die geifernden Republikaner über Folter schwadronieren hört, der muss schon eine ziemlich robuste Konstitution haben um nicht an der Menschheit zu verzweifeln. Ich weiß nicht, wie lange ich das noch durchhalte. Der menschenverachtende Hohn der hier so oft zum Vorschein kommt–nicht am Stammtisch, sondern im Kongress–ist einer aufgeklärten Demokratie nicht würdig, er bespuckt sie geradezu. Und vor ihren Anhängern reden diese entgleisten Gestalten noch deutlicher. Sara Palin hat sich zum Beispiel in einer Rede vor Mitgliedern der National Rifle Association (NRA, die Waffennarren) wie folgt geäußert: „Wenn ich was zu sagen hätte, dann würde ich die wissen lassen: waterboarding–so taufen wir Terroristen!“ Und das zu johlendem Applaus aus dem Publikum. (Nachgoogeln, sonst glaubt man’s nicht.) Was also tun, wenn man von Menschen umringt ist, die die moralische Bodenhaftung verloren haben? Ich weiß es nicht. Wohin wird dieses Land trudeln, wenn keiner mit genug Respekt sagen kann: „Ich glaub‘ ihr habt sie nicht mehr alle! Man kann schlichtweg nicht pausenlos christliche Werte propagieren, und dennoch Folter verteidigen. Das hat man mal so im finsteren Mittelalter gemeint zu können, aber aus dieser trostlosen Ecke moralischer Verwahrlosung haben wir uns gottlob befreit. Warum zum Kuckuck zurück in diese Hölle?“

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    • Ja, ich (ver)zweifel auch zunehmend an dem, was du moralische Verwahrlosung nennst. Was mich bei diesem Thema beschäftigt hat, was ich aber nicht aufgeschrieben habe: Wo sind die USA da nur nach 9/11 hingesteuert? Wie konnte es passieren, dass man grundlegende Errungenschaften der Zivilisation aufgibt, dass man in einem – verständlichen – Kampf gegen diejenigen, die das angerichtet haben, alle Werte fahren lässt und damit denen beängstigend ähnlich wird, die man eigentlich bekämpfen will? Wie hätte es anders laufen können, ohne einen Gerorge W.? Und wo steuert dieses unglaublich gespaltene Land in naher Zukunft hin? Über all das müsste man mal schreiben. Aber vieleicht kann ich dich ja mal wieder zu einem Gastbeitrag überreden ;)

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      • …also, wie es nach 9/11 soweit kommen konnte beschreibt Volker Pispers wunderbar in der historischen Konsequenz (2007, Teil 1-5). Sensationell, dass es für den Beitrag für Schulungszwecke jetzt sogar englische Untertitel gibt ;-)

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      • Nach 9/11 hingesteuert?

        Sorry, ich will dich nicht beleidigen, Du scheinst ein guter Kerl zu sein, aber wenn dich das wirklich interessiert solltest Du dich evtl. mal mehr mir Geschichte, (also nicht das was man in der Schule eingetrichtert bekommt) Geo- und US of A Außenpolitik befassen. Insbesondere der jüngeren Geschichte ab WW I und vor allem nach WW II.
        Aber nur mit einigermaßen guten Nerven, denn die kognitiven Dissonanzen können echt so stark werden, dass man das alles nicht so einfach in das „eigene“ Weltbild im Kopf rationalisieren kann und dann freiwillig zum Psychodok geht – ähnlich Neo, der auch überschnappt, als er die Wahrheit nicht rationalisieren kann (als er mit Morpheus das erste mal im Konstrukt ist, alles nicht glauben will und die anderen dann sagen „Jetzt dreht er durch!“).

        Für den Anfang kann dieses Buch ganz hilfreich sein:
        Killing Hope
        U.S. Military and CIA Interventions Since World War II

        Greetz

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      • Na ja. Ich gehe nicht blauäugig durch die Welt und kenne mich auch ein bisschen mit Geschichte aus. Zu glauben, dass sich seit 9/11 die USA nicht verändert haben, halte ich für falsch. Und dass es seitdem nicht hätte anders laufen können ebenfalls. Damit meine ich nicht die CIA und andere obskure Organisationen, sondern die öffentlichkeitsfähige Politik, ihre Leitlinien und „Werte“ …

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      • Nein, das wollte ich nicht ausdrücken. Sicherlich hat sich da etwas verändert, es wurde einfach so gut wie alles auf den Kopf gestellt (von Moral will ich schon gar nicht mehr sprechen), aber das auch nicht nur in den US of A, sondern quasi auf der ganzen Welt in den Staaten, die dem Imperium nahe stehen (N.ord A.tlantsche T.error O.rganisation) und darüber hinaus.

        „[…]einem – verständlichen – Kampf gegen diejenigen, die das angerichtet haben[…]“

        Aus Sicht der Propaganda ist das sicherlich verständlich. Wer aber den so genannten islamistischen Terror maßgeblich in die Welt gebracht hat, das sollte man auch betrachten. Z.B. war Osama Bin laden, als die Russen dort waren noch ein heiliger Freihetskämpfer gegen die pösen Russen, obwohl die Russen nur auf bitten der Regierung dort zur Hilfe kamen, nachdem die US of A dort Unruhe gestiftet hat. In der Tinseltown Propaganda, die heute Nacht mit Rambo III einmal mehr im TV ausgestrahlt wird, da sieht das natürlich ganz anders aus.

        Wenn Du noch immer an die offizielle Version von 9/11 glaubst und nicht ein wenig daran Zweifelst, dann hast Du dich einfach (noch) nicht eingehen damit beschäftigt. Aber das führt hier nun alles zu weit und ohnehin ist man dann schnell ein Verschwörungsspinner.
        Es hätte anders laufen können, wenn Politik etwas mit Zufall zu tun hätte und nicht auf lange Zeit ausgerichtet wäre.

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    • Hier mal eine Berufslühnerin äh Politikerin, die mal ein wenig Wahrheit spricht. Natürlich nicht ohne das übliche Feindbild zu erneuern – der pöse Russe.

      und hier ein hübsches Bild mit Zeitungsabschnitt, mit dem Mann der den Frieden brachte HaHa

      Und zu 9/11
      http://www.ae911truth.org/signatures/ae.html
      Diese unzähligen Menschen und vor allen die Experten die diese Petition zeichneten habe bestimmt alle einen Knall!?

      Gut das sollte genügen um einige Scheuklappen zu triggern….. Oder eben, die Denke zu animieren.

      Greetz

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  2. „[…]Aber anders geht es nicht.[…]“

    Wie jetzt? Geht nicht? Natürlich geht es, schreibst doch sogar darüber.

    Du meinst wahrscheinlich, es sollte nicht so sein. Aber was kratzt dies das Imperium mit dem schwarzen „I am good at killing people“ Messias.

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