Zitat am Freitag: Abschied vom Wunschdenken

Ach, wäre das schön: Wir leben gesund, machen ein bisschen Sport – und bleiben dafür bis ins hohe Alter geistig fit. Heile Welt à la Apotheken-Umschau. Aber leider sieht die Wirklichkeit anders aus …

Es wäre ja auch zu einfach gewesen, wenn sich Alters-Demenz und Alzheimer durch eine gesunde Lebensführung verzögern oder verhindern ließen. Dazu das Zitat der Woche:

Lange gab es zumindest diesen Hoffnungsschimmer: Wenn sich gegen die Ursachen von Alzheimer und anderen Demenz-Formen nichts ausrichten lässt, kann immerhin eine gesunde Lebensführung den geistigen Verfall verlangsamen oder gar aufhalten. Ausreichende Bewegung, gemischte Kost mit frischen Produkten und geistige Regsamkeit bewahren die Erinnerung und tragen dazu bei, auch im Alter möglichst lange klar denken und angemessen reagieren zu können – so lautete der unter Wissenschaftlern wie Laien verbreitete Konsens. Zumindest was den Einfluss von Bewegung und Ernährung angeht, hat dieser Glaube nun einen herben Dämpfer hinnehmen müssen.

In einer Untersuchung hatten Forscher aus den USA mehr als 1600 Senioren im Alter zwischen 70 und 89 Jahren in zwei Gruppen eingeteilt und die Hälfte von ihnen 24 Monate lang ein strukturiertes Bewegungsprogramm absolvieren lassen. (…) Im Vergleich zur Gruppe gleichaltriger Teilnehmer, die während der zwei Jahre an einem Fortbildungsprogramm über erfolgreiches Altern teilnahm, gab es nach Abschluss der Studie keine Unterschiede in der kognitiven Leistungsfähigkeit. Weder in allgemeinen noch in spezifischen Tests zu Erinnerung, Wortfindung und mentalem Reaktionsvermögen schnitten die Probanden, die sich mehr bewegt hatten, besser ab.

Berichtet: die Süddeutsche Zeitung im Wissenschaftsteil. Ähnliche Erkenntnisse gibt es übrigens zu Nahrungsergänzungsmitteln.

Was lernen wir daraus? Dass es viel zu viele Ernährungs- und Besser-Leben-Mythen gibt, die mit der Realität aber auch gar nichts zu tun haben (was zugegebenermaßen keine ganz neue Erkenntnis ist). Dieses Beispiel gefällt mir aber gut, weil auch ich als Freizeit-Sportler gerne geglaubt hätte, dass ich im Alter mal geistig fitter sein werde als die Couch-Potatoes da draußen. Wunschdenken ist menschlich. Aber die Wirklichkeit macht sich nichts aus unseren Wünschen, so einfach ist das.

(Es gibt natürlich 100 andere Gründe, ein bisschen Sport zu machen: zum Beispiel weil es Spaß macht (zumindest wenn man eine gewisse Initial-Quälerei mal überwunden hat). Weil man beim Joggen gut nachdenken und schöne Fotos machen kann. Und natürlich weil es ein sensationelles Gefühl ist, ein Ziel zu erreichen, das man lange für unerreichbar gehalten hat.)

Schönes Wochenende!

(Alle Freitags-Zitate zum Nachlesen)

3 Gedanken zu “Zitat am Freitag: Abschied vom Wunschdenken

  1. So gerne ich Deine Beiträge lese: Was mich oft stört, ist, dass Du eine einzige Studie hernimmst und diese absolut setzt. Dabei gibt es fast immer zu allem gegenteilige Studien. Eigentlich lässt sich immer alles beweisen. Da würde ich mir manchmal mehr Ausgewogenheit wünschen. Letztlich (Achtung, jetzt wird’s philosophisch!) glauben wir Menschen gerne, dass es die eine Wahrheit und Erkenntnis gibt. Aber das ist meist ein Trugschluss- irgendwann behauptet eine Studie das Gegenteil. Oder einer misst nochmal nach, wie beim ach so gesunden Spinat, wo alles am Ende auch Humbug war.

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    • Nein, das stimmt so nicht. Ich passe schon auf, welche Studien ich hier zitiere. Worauf ich mich hier in der Regel berufe, sind ernst zu nehmende Studien, die wissenschaftlichen Mindeststandards genügen. Demgegenüber gibt es eine Legion von Möchtegern-Studien, vor allem im Gesundheits- und Ernährungsbereich, die viel behaupten und wenig beweisen. Da werden Kausalitäten gebildet, wo es nur Korrelationen gibt, und vor allem wird monokausal argumentiert und Komplexität ignoriert. Die werden dann gerne in der „Fit for fun“ und anderen Larifari-Zeitschriften zitiert. So könnte der Eindruck entstehen, dass Studien sowieso egal sind, weil morgen bestimmt eine kommt, die das Gegenteil behauptet. Stimmt aber nicht. Man muss sich halt anschauen, wie die Methoden waren, um zu Erkenntnis zu gelangen. Siehe jüngst die WHO-Warnung, dass Fleisch das Krebsrisiko erhöht, auch davon bleibt bei kritischer Betrachtung kaum etwas übrig.

      Fazit: Generell Empfehlungen in Sachen Ernährung und Gesundheit kritisch hinterfragen und prüfen, ob es Erkenntnisse gibt, die nicht Wunschdenken sind, sondern auf Wissenschaft basieren.

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