Die schlimmsten Cover-Versionen aller Zeiten: The Sound of Silence

Und wieder seid ihr Zeuge, wie eine neue Serie hier im Blog entstehen könnte. Der Anlass: diese grausame Version von The Sound of Silence, die schon seit Monaten im Radio rauf und runter gespielt wird … Das darf nicht unwidersprochen bleiben …

Der Klang der Stille, liebe Kinder, ist eigentlich ganz anders, als ihr das im Radio zu hören bekommt. Er ist ganz zart und zerbrechlich, wie ein Säuseln im Wind, eine luftige Melodie und mit das Schönste, was Paul Simon und Art Garfunkel geschrieben haben.

Das Original ist wie ein großartiger Riesling von einer Steillage an der Mosel: subtil, mit Anlauframpe, komplexen Aromen und großem Finale, das noch lange nachklingt. Die aktuelle Fälschung dagegen kommt wie ein klebriger Übersee-Chardonnay aus dem Holzfass daher. Designed auf den Massengeschmack, mit aufdringlichen, stupiden Vanille- und Butteraromen, die den Wein bis zur Unerträglichkeit zukleistern.

Und selbst dieser Vergleich ist noch viel zu freundlich. Was für eine ekelhafte Bombast-Version des armen Liedes! Vorgetragen von einer Metal-Band namens Disturbed, und dass hier irgendwer oder irgendwas schwer gestört ist, kann ich bestätigen. Der Band-Manager hat bestimmt eines Tages, kurz vor Auflösung der völlig talent- und erfolgsbefreiten Band, gesagt: Harte Männer die Gefühl zeigen! Leute, das ist es! Das wird ein Hit! Leider hatte er Recht. Vom anfänglichen Klaviergeklimper bis zum Giganto-Orchester-Radau ist das auf einem derart erbärmlichen rein auf den Effekt ausgerichteten Casting-Show-Niveau, dass man es kaum aushält.

Und dann dieses Video! Ein Glatzkopf schaut böse in die Kamera. Er hat überall im Gesicht Ringe und man ist heilfroh, dass die Kamera nicht weiter nach Süden schwenkt, um uns zu zeigen, wo der Herr noch überall gepierct ist. Später brüllt er uns mit viel Gefühl an, und als wäre das nicht schon Zumutung genug, wird uns mit billigster Symbolik erzählt, wie die Musik irgendwie aus den Trümmern wieder aufersteht und zu den Menschen kommt – natürlich schwarz-weiß und in Zeitlupe, damit auch beim allerletzten Trottel noch die Botschaft ankommt.

Schaut es euch an oder lasst es, ich habe euch gewarnt:

Wie konnte man das nur diesem wunderbaren Lied aus den 60er Jahren antun? Einen größeren Gegensatz zwischen Original und Cover-Version kann es kaum geben, musikalisch, aber auch was den bzw. die Sänger angeht. Schaut euch am besten diese Live-Aufnahme aus dem Jahr 2009 an. Die deutlich in die Jahre gekommenen Herren Simon & Garfunkel singen im Madison Square Garden in New York The Sound of Silence. Es ist … himmlisch:

35 Gedanken zu “Die schlimmsten Cover-Versionen aller Zeiten: The Sound of Silence

  1. Und ich dachte schon nur mir ginge es so ;-) Ich habe diese Cover-Version auf SWR3 zum ersten Mal gehört und war ebenso entsetzt darüber, was da aus einem wunderschönen Klassiker gemacht wurde.

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  2. Was hörst du denn so?
    Wenn man weder Volksmusik noch die übliche Soße der großen Sender mag, fällt mir nur noch ein, youtube-Playlists auszuwählen.

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  3. Ich bin in der Regel kein Fan von Cover-Versionen
    Aber diese halte ich für grandios

    Ganz klar, Simon & Garfunkel haben ohne Frage ein Meisterwerk geschaffen
    Aber Disturbed geb dem Lied eben ein neues Gesicht

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  4. Hallo, ich bin Singer/Songwriter und spiele das Lied regelmäßig (www.mike-schaefer.net). Und ich glaube, du hast was Wesentliches nicht verstanden. Das liegt im Text des Originals, und in dem geht es nämlich nicht um eine meditative oder mystische Stille (höchstens am Anfang, wo sie die Inspiration zu der prophetischen Vision liefert), sondern vielmehr um eine politisch-gesellschaftliche Grabesruhe, die Friedhofsruhe einer Gesellschaft, in der nicht mehr wirklich kommuniziert wird, in der die Show die Inhalte ersetzt („talking without speaking“). „Silence like a cancer grows“ – die Sprachlosigkeit einer Gesellschaft, die nicht mehr kommunizieren kann (insofern prophetisch die heutigen Zustände vorausahnend…) Und deshalb ist die wütend-zornige Interpretation mit diesem gepiercten Kopf durchaus stimmig! Im Gegenteil: Über dem Gefälligen des Originals hat man, glaube ich, die alarmierende politische Botschaft bisher immer gerne vergessen….Für mich also eher ein Lichtblick im Beliebigkeits-Einerlei des Musikgeschäfts.

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  5. Ich bin auch kein Fan dieser Cover-Version, aber die Band als talent- und erfolglos zu bezeichnen – naja. Da sollte man sich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen.
    Mir gefällt die Cover-Version deswegen nicht, weil sie viel zu zahm daherkommt. Und die Steigerung am Ende – wozu ein Orchester? Als Metal-Band können sie selber genug Druck machen.

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  6. Als Weikenner mag er ja durchgehen, aber Musik ist so vielfältig wie der persönliche Geschmak. Kurzum, hättest Du geschwiegen, wärst Du Philosoph geblieben.

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  7. Sehr schöne Rezension. Ich finde die Disturbed-Version gar nicht so schlecht (die Band mag ich ansonsten gar nicht), auch wenn die mit dem Original von S&G nichts mehr zu tun hat. Aber man isst ja auch manchmal bei McDonald’s obwohl es nur aufgewärmter Pressdreck ist ;) Für meinen Geschmack hätte das rauher werden müssen, wenn es da schon laut wird, so ist das nichts Halbes und nichts Ganzes.

    Beim Video gebe ich Dir völlig recht, das hätte nicht müssen, sogar ohne dass der Mann die meiste Zeit in die Kamera schaut.

    Naja, immerhin hat der Mann Stimme (anders als Axl Rose in seiner unsäglichen Verhunzung von „Knocking on Heaven’s Door“, wobei ich Dylan’s Stimme schon wenig abgewinnen kann).

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  8. OK… ich kann verstehen, wenn man die Version persönlich nicht mag. Aber Disturbed als „völlig talent- und erfolgsbefreiten Band“ zu bezeichnen (sie haben 15 Millionen Tonträger verkauft), ohne anscheinend irgendwas über den Künstler zu wissen finde ich schon etwas dreisst.

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  9. ich stimme mit dir komplett überein. die band ist kacke – und das sage ich jetzt mal einfach so, ohne auch nur einen einzigen weiteren song / akkord von ihnen zu kennen. wer so etwas verbricht, MUSS kacke sein.
    das ist ähnlich widerlich wie die sandra-version von „hiroshima“ aus den 80ern. und bei der habe ich mich damals schon bei den ersten akkorden im radio in einer frequenz von 1/sek übergeben müssen :D

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  10. Ein angestaubter, meist fürchterlich saurer und vergorener Traubensaft ist auch nicht jedermanns Sache. Die Geschmäcker sind halt verschieden. Wenn Sound of Silence 1966 von Disturbed als Original veröffentlicht worden wäre, hätte es bestimmt genauso viel Erfolg gehabt wie die Version von Simon & Garfunkel. Paul Simon selbst preist die Version von Disturbed übrigens als „wundervolle Interpretation“ an.

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  11. Wieder einer dieser Pseudo Intellektuellen die keine Ahnung von einem Thema haben. Hauptsache weil eine neue Interpretation eines Werkes anders als das Original ist, ist sie gleich schlecht. Damit kann man bestimmt einige Klicks generieren.
    Haben Sie sich den Text mal genau angehört? Wenn ja scheint es mit Ihrem English nicht so weit her zu sein, wenn nicht sollten Sie das dringend nachholen. Da geht es nämlich genau um solch oberflächliche Betrachtung der Welt und wie dies zu einer Gleichgültigkeit unter den Menschen führt.
    Simon & Garfunkel haben damals einen großartigen Song geschaffen der ein sehr ernstes Thema in die damalige Populär Musik brachte.
    Disturbed haben diesen Song und sein Thema in die heutige, sehr laute, Zeit des Schweigens transferiert. Wenn man solch einfache zusammenhänge nicht erkennen kann hat man noch einen weiten Weg vor sich ehe man ernsthaft darüber nachdenken sollte im Internet Veröffentlichungen zu tätigen.
    Schreiben sie lieber über Weine und hören weiter die Musik von Gestern, das scheint Ihnen mehr zu liegen.

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  12. Die Disturbed Version ist der Hammer. Alle die, ohne Disturbed zu kennen, behaupten die Band ist Kacke, hören garantiert auch ABBA. Belangloser Mainstream ohne Sinn. David Draiman (so heißt der Sänger) hat eine Meinung und hält damit nicht hintern Berg. Die Texte erzählen Geschichten sowie Fakten, z. B. Über Vorurteile gegenüber Menschen, die anders sind. Man mag das Cover mögen oder nicht, Aber wer die Band nicht kennt, sollte besser keinen Kommentar abgeben. Mein Text. Meine Meinung. Disturbed wird immer meine Wahl für dieses Lied bleiben, es gibt aber auch eine sehr schöne Version von Puddles Pltty Party.

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  13. Unglaublich unqualifizierte Rezession einer musikalischen Meisterleistung.
    David Draiman ist ein begnadeter Künstler und seinen Gesang als „brüllen“ zu bezeichnen, spricht von mangelnder Expertise auf dem Gebiet Ihrerseits… So tief, dunkel, aber zeitgleich melodisch und harmonisch zu klingen ist Ergebnis jahrzehntelangen Trainings und wird von nur noch sehr wenigen Musikern beherrscht.
    Die Performance war so beeindruckend, daß Paul Simon sich persönlich bei bei Disturbed für die gelungene Cover Version bedankt hat!
    Soviel zum Thema…

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  14. Das ist ja mal die absolut dreisteste Rezension, die mir jemals untergekommen ist!

    Die Version von Draiman übertrifft Simon & Garfunkel’s um Welten und selbst Garfunkel lobte Draiman persönlich für dieses Cover. Ich finde deren Version stinklangweilig… schöne Stimme, klar, aber das war’s im wahrsten Sinne des Wortes auch schon… Es gibt keine gesanglich hervorgehobenen Verse, alles hört sich gleich an, nix besonderes, wenn man die erste Strophe kennt, kennt man den ganzen Song… Trotzdem ein guter Song, da gibt’s nichts zu sagen aber wie sie es gesungen haben, ist langweilig und eintönig…

    David dagegen wurde für diesen Song praktisch geschaffen, seine Version weckt Emotionen und führt dich an einen anderen Ort, er steckte alles in diesen Song und hat dadurch so viel aus dem Song herausgeholt, wie es nur ging und daraus ein wahres Meisterwerk geschaffen, er ließ eine welke Blüte zu neuen, prächtigen Farben erstrahlen.

    Disturbed verkaufte über 15 Millionen Tonträger, sie sind daher alles andere als talent- und erfolgsbefreit, sie brachten es mit 5 aufeinanderfolgenden Alben auf den ersten Platz der Album-Charts und bitte, bevor du gleich in Tränen ausbrichst, Disturbed hat sich nicht aufgelöst, vor 5 Tagen erst erschien ihr neues Album „Evolution“.

    Bevor du die Band und ihre Coverversion, die auf YouTube mehr Klicks aufweist als das Original, also als talent- oder erfolglos betitelst, erreiche du erstmal dieses Talent und diesen Erfolg, den diese Metal-Band erreicht hat. Dann können wir gerne weiterreden :)

    Einen himmlischen Tag wünsche ich dir noch.

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