Mit Kanban im Newsroom arbeiten

Mit was wo arbeiten? Zugegeben: Das ist ein Nerd-Thema. Ich erkläre das mal kurz …

Wie ein Newsroom funktioniert, habe ich hier bereits ausführlich erläutert. Themen- und Medienverantwortliche kümmern sich um die optimale Auslieferung von Inhalten über verschiedene Kanäle. Ein Chef vom Dienst (CvD) steuert die Kommunikation. Idealerweise wird so redundantes Arbeiten am selben Thema für verschiedene Kanäle vermieden – die früheren Print- und Online-Redaktionen, die nebeneinander her arbeiteten, ohne sich füreinander zu interessieren, gibt es nicht mehr.

Der Newsroom als Kommunikations-Raum

Neben der Definition von Rollen und Prozessen im Newsroom ist vor allem eines wichtig, um nicht zu sagen entscheidend für den Erfolg: Kommunikation aller Beteiligten untereinander. Das fällt selbst Kommunikationsprofis nicht immer leicht. Ein Redakteur vergräbt sich gerne in seinen Text und will dabei nicht gestört werden; ein Kanal-Manager ist Super-Experte in seinem Gebiet und hat vielleicht Schwierigkeiten (oder wenig Interesse), sein Know-how so zu vermitteln, dass ihn jeder versteht.

Daher braucht es nicht nur guten Willen, sondern auch eine Umgebung und Tools, um die Kommunikation im Newsroom zu fördern und zu unterstützen. Dass die Gestaltung des Arbeitsplatzes nicht egal ist, deutet schon der Begriff Newsroom an. Statt abgeschotteter Einzelbüros sind offene, kommunikationsfördernde Strukturen hilfreich. Das muss nicht gleich ein Großraumbüro sein. Aber zentrale Besprechungs- und Kommunikationsflächen, die jederzeit zur Verfügung stehen und schnell erreichbar sind, erleichtern die Arbeit im Newsroom erheblich.

Kommunikationsformate und -tools

Tool Nummer 1 in diesem Zusammenhang: Besprechungen. Als Standard gelten tägliche kurze Updates (bei uns heißen sie Morgenlagen) und wöchentliche größere Redaktionskonferenzen. Die Morgenlage dient dazu, einen kurzen Überblick über anstehende Aufgaben zu geben, sich kurz abzustimmen, wer was macht oder wo aushilft. Sie kann nach fünf Minuten wieder beendet sein, was nochmal zeigt, wie wichtig passende Räumlichkeiten sind. Muss man für diese knackigen Morgenlagen erst einen Besprechungsraum buchen, hinlaufen, einen Schlüssel organisieren, warten bis alle da sind und so weiter und so fort – kann man das Ganze auch bleiben lassen. Eine oder mehrere Redaktionskonferenzen dienen zum Besprechen größerer, mittel- und langfristiger Themen, zur Heftplanung für die Kundenzeitschrift beispielsweise oder zur Planung und Umsetzung eines Kommunikationsprojekts.

Tool Nummer 2: etwas, mit dem sich die Arbeit planen und organisieren lässt. Häufig ist das Software, die aber ebenso häufig Probleme mit sich bringt: Sie muss eingeführt und etabliert werden (nicht einfach in komplexen IT-Infrastrukturen), sie muss genutzt werden (nicht einfach, wenn sie nicht wirklich intuitiv bedienbar ist) und sie muss sich anpassen, wenn man Rollen und Prozesse ändern will (ebenfalls nicht einfach und mindestens aufwändig). Die Software, die wir zunächst genutzt haben, war sperrig, wenig flexibel, folglich wenig beliebt und genutzt.

Visualisierung mit Hilfe von Kanban

Kanban-Board im NewsroomAuf der Suche nach etwas Besserem – und hier führt uns die zugegebenermaßen etwas lange Anlauframpe dieses Beitrags endlich zum Thema – sind wir auf Kanban aufmerksam geworden: einerseits als Methode der agilen Entwicklung, die bei uns im Haus eingesetzt wird, andererseits bei einem Besuch bei den Kommunikations-Kollegen der comdirekt bank, die schon länger mit Kanban arbeiten. Diese Impulse haben dazu geführt, dass wir ein Projekt gestartet haben, dass sich mit der Einführung von Kanban in unserem Newsroom beschäftigt (und das noch nicht abgeschlossen ist).

Kanban – so viel sei als kurzer Exkurs gesagt – ist einerseits ein Vorgehen zur Prozessverbesserung und passt damit gut zu unseren Kommunikationsprozessen, die wir in den letzten Jahren immer weiter verändert haben. Und es ist andererseits ein visuelles Prozess-Management-System, das transparent macht, was, wann und wie zu produzieren ist – damit passt es gut zu unserer Arbeit an vielen Themen für viele Kanäle. Das manifestiert sich in einem Kanban-Board, an dem man die Kommunikations-Aufträge mit Hilfe von Kärtchen visualisiert und auf ihre Reise durch die Prozesskette schickt, vom Eingang des Themas über Konzeption, Realisierung, Abstimmung bis hin zur Publikation. Das Kanban-Board bietet dabei ganz praktische Vorteile: Es schafft Transparenz über die Aufgaben und deren Bearbeitung. Und es hilft dabei, Blockaden im Prozess aufspüren und diese auflösen. Letztlich zeigt es für alle nachvollziehbar den Fluss der Themen durch die jeweiligen Prozessschritte.

Kommunikation am Kanban-Board

Es gibt analoge und digitale Kanban-Boards und wir haben uns zunächst für ein analoges entschieden, einfach weil es sich schneller realisieren und verändern lässt. Und Veränderungen gibt es viele im Einführungsprojekt: Zeilen und Spalten und Detaillierungsgrad werden so lange angepasst, bis ein Optimum erreicht ist. Dafür dienen regelmäßige Retrospektiven, in denen das Feedback der Beteiligten eingesammelt und in konkrete Maßnahmen zur Verbesserung gebündelt wird.

Eine der größten Stärken des Kanban-Boards hat aber nichts mit Zeilen, Spalten und Details zu tun: Das Board ist der perfekte Ort, um die – wie oben geschrieben: so wichtige – Kommunikation über anstehende Maßnahmen zu fokussieren. Das kling vielleicht abstrakt, ist aber ganz einfach: Die Morgenlage zum Beispiel findet jetzt direkt vor dem Board statt. Neue Themen werden direkt am Board besprochen und mit einer neuen Karte ans Board gepinnt. Bei Themen, die bereits im Prozess sind, lassen sich Probleme schnell identifizieren und ebenfalls direkt am Board ansprechen: zum Beispiel, weil es einen Stau gibt oder wenn eine Deadline gefährlich nahe rückt. Der Austausch untereinander ist intensiver, die Ergebnisse werden immer gleich an einem zentralen Ort festgehalten.

Noch läuft das Projekt, und zwar ergebnisoffen. Doch die Vorteile liegen jetzt schon auf der Hand: Ein Kanban-Board im Newsroom sorgt für Transparenz und hilft erheblich dabei, die Kommunikation unter allen Beteiligten zu verbessern.

Ein Interview mit mir zum gleichen Thema gibt es übrigens hier.

2 Gedanken zu “Mit Kanban im Newsroom arbeiten

  1. Der Name des Tools, hätte mich doch brennend interessiert ;-)
    Boards haben den Vorteil, omnipräsente Transparenz zu schaffen. Ich persönlich verwende lieber Tools, da sie nach oben offen skalierbar sind und darüber hinaus ganz viele unerschiedliche Sichten liefern.
    In dem von Dir beschriebenen Kontext sind die physischen Boards ein sehr gutes Mittel, die Arbeitsweise zu einer im Team koordinierten zu verändern. Ich kann mir vorstellen, dass das von den Redakteuren positiv aufgenommen wird und bin gespannt, wie sich das bei euch weiter entwickelt. Ich hoffe, es folgt dann ein Bericht :-)

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