Wir hatten‘s hier ja neulich vom Thema Blackout, sind aber optimistisch davon ausgegangen, dass uns dabei nur ein Stromausfall zu schaffen macht, nicht etwa auch begleitende Zombie-Horden …
Letztere bevölkern wieder einmal die gründlich heruntergewirtschaftete Erde in der HBO-Serie The Last of Us, derzeit zu sehen auf Sky. Die Serie basiert auf einem Spiel, und das ist ja meist ein Kontraindikator für sehenswerte Unterhaltung. Man denke nur an die super quatschigen Resident Evil-Filme und die wirklich unfassbar schlechte Resident Evil-Serie.
Hier ist das anders. Die Welt, in der das spielt, erinnert an I am Legend, die Natur erobert sich die verwaisten Städte zurück. Die Untoten sind gleichermaßen schaurig schön wie übel bedrohlich, denn Ursache fürs Massensterben ist hier ein Pilz, der die Menschen befällt, fremdsteuert und nach und nach mutieren lässt. Fun fact: So einen Pilz gibt es wirklich, er befällt in der echten Welt freundlicherweise (bislang) nur Ameisen. Die einschlägigen Videos auf YouTube dazu sind ebenso faszinierend wie verstörend.
Nun ist das hier zwar das Blog eines ausgewiesenen Zombie-Serien- und Zombie-Film-Fans, ich würde euch aber dennoch nicht absatzweise mit diesem Thema behelligen, gäbe es nicht in dieser Serie die Folge Nummer 3. Sky sendet pro Woche eine neue Folge, und bei dieser Serie freut man sich wie zuletzt bei Better Call Saul wirklich jede Woche auf Nachschub. Man will wissen, wie‘s weitergeht und ob unsere beiden lieb gewonnenen Protagonisten auch die nächste Folge überleben werden. Doch dann: Folge 3 mit dem Titel „Long, Long Time“. (Achtung, es folgen Spoiler.)
Es passiert, was ich noch nie in so einer Serie für ein eher actionverwöhntes Publikum erlebt habe und was nicht mal The Walking Dead zustande gebracht hat, obwohl man 177 Folgen dafür Zeit hatte: Die Serie hält inne, entschleunigt komplett, verabschiedet sich aus der Haupthandlung und erzählt eine schwule Liebesgeschichte mitten im Weltuntergang, die sich über Jahrzehnte hinzieht und zwei sehr unterschiedliche Männer von ihrer holprigen ersten Begegnung bis in den Tod begleitet. Das ist berührend und spannend zugleich, denn – wir erinnern uns – es gibt pilzmutierte Zombies, und mit jeder Minute, in der uns die beiden ans Herz wachsen, hat man mehr Angst um sie.
Selbstverständlich hat die Folge kontroverse Reaktionen ausgelöst. Die einen sind wie ich begeistert, die anderen empört. Denn hier lieben sich nicht nur zwei Männer, es findet in der Fiktion zusammen, was sich in den USA der Gegenwart immer weiter voneinander entfernt: erzkonservativ und linksliberal, misstrauischer Republikaner und schöngeistiger Demokrat. Das bringt die Rechten in den USA in Rage, wie die SZ schreibt: Denn „Männerliebe in der Postapokalypse ist im ewig gestrigen Weltbild nicht vorgesehen“. Was für ein gleichsam lyrischer wie trauriger wie lustiger Satz, denn, liebe Erzkonservativen, lasst euch das von einem Zombie-Experten gesagt sein: In der Postapokalypse gibt es ein, zwei wichtigere Probleme als die Frage, ob zwei Männer sich lieben dürfen.
Damit tut The Last of Us das, was alle guten Zombie-Serien und -Filme tun: jenseits der modrigen Monster gesellschaftskritische Fragen zu stellen und Diskussionen zu provozieren. Das war schon in Night of the Living Dead so, George A. Romeros Ur-Zombie-Film von 1968, in dem ein Schwarzer als einziger den Ansturm der Untoten überlebt, nur um dann von einer weißen Bürgerwehr ermordet zu werden. Und auch in The Walking Dead, der Zombie-Serie der Neuzeit, lernt man nicht nur, dass ein Katana die Waffe schlechthin in der Apokalypse ist, sondern auch dass es eine viel größere Bedrohung als die Untoten gibt: die Überlebenden. Da führen all diese Serien und Filme zurück zum vorstaatlichen Naturzustand von Thomas Hobbes: Alle führen Krieg gegen alle, der Mensch ist dem Menschen ein Wolf, und es „müssen selbst die Guten bei der Verdorbenheit der Schlechten ihres Schutzes wegen die kriegerischen Tugenden, die Gewalt und die List, das heißt die Raubsucht der wilden Tiere, zu Hilfe nehmen“.
Nun gut. Ihr habt gelernt: Zombie-Serien erzählen Liebesgeschichten. Sie führen gesellschaftskritische Debatten. (Und ja, gelegentlich fließt in ihnen ein klein wenig Blut.)
Lieber Herr Buggisch,
als Rentner habe ich keine Zeit, solche Serine zu gucken. Dank Ihnen bleibe ich aber auf dem Laufenden!
Viele Grüße – Siegbert Rudolph
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Ich war auch von Folge III begeistert! Nicht nur als Fan und Eigentümer der „TLOU“-PS4-Spiele, sondern schlichtweg als Freund großartiger (Filme und) Serien. 😻
In jedem Fall empfehle ich „The Last of Us“ allen LeserInnen wärmstens. 🌸
Viele liebe Grüße! VVN
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Lieber Christian,
wir haben vieles gemeinsam, aber Zombie Fan bin ich definitiv nicht. Ok, ich mag Shaun of the Dead. Angeregt von Deinem Beitrag, würde ich mir The Last of Us sogar ansehen, aber mangels Sky Abo derzeit nicht möglich 🤗
Grüße vom Raul
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