Lissabon, Niederbayern, New York

Die heutigen Fundstücke und Kleinigkeiten führen uns einmal um die Welt und haben nicht nur, aber vor allem mit Essen zu tun …

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Pastéis de Nata

Im Magazin der Süddeutschen Zeitung gibt es einen schönen Artikel (Paywall) über die Pastéis de Nata, jene kleinen Törtchen aus Blätterteig und cremiger Füllung, die National-Dessert sind und in Lissabon an jeder Straßenecke gebacken und verkauft werden. Die Autorin berichtet, dass sie auf den Spuren des Geschmacks ihrer Studentinnenzeit nochmal in die Außenbezirke nach Belém gefahren ist, wo als Pastéis de Belém die bekanntesten dieser Törtchen erhältlich sind. Aber: Es fehlt der Zauber. Die tägliche Produktion geht in die Tausende, Touristenschlangen wickeln sich ums Café, denn hier gibt es ja angeblich die besten, also kommen alle hierher. Wir standen letztes Jahr auch vor der Confeitaria de Belém und haben unverrichteter Dinge wieder kehrt gemacht, weil wir einfach keine Lust hatte, eine Stunde für ein kleines Gebäck anzustehen.

Und ebenso wie die Autorin fanden wir die kleinen Läden irgendwo in Lissabon viel schöner, wo täglich vielleicht nur Hundert Pastéis gebacken werden. Es sind vielleicht nicht die besten, aber was spielt das schon für eine Rolle, dafür ist alles gemütlicher, persönlicher, normaler. Ein Kaffee, ein Pastel und das Leben ist in Ordnung.

Die Törtchen wurden, so liest man, von Nonnen erfunden, die Unmengen Eiweiß brauchte, um ihre Hauben zu stärken. Aus den übrig gebliebenen Eigelben wurden die Pastéis de Nata gebacken. Was ich mich frage, und was im SZ-Artikel nicht beantwortet wird: Was passiert heute mit dem Eiweiß? Allein in Belém werden täglich 20.000 Pastéis gebacken, für die man nur Eigelb, aber kein Eiweiß braucht. Und weder dürfte es heute noch Nonnen in nennenswerter Zahl geben noch dürften die wenigen verbliebenen heute ihre Hauben entsprechend stärken. Also: Was passiert mit dem Eiweiß? Rätsel der Menschheit.

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Die Meldung des Monats kommt aus Niederbayern:

Keine Lust auf Gassi gehen: Kind verkauft heimlich Familienhund

Symbolbild: Bond (garantiert unverkäuflich)

Ich zitiere aus der Nachricht: „Offenbar um ihr Taschengeld aufzubessern und weil sie nicht Gassi gehen wollte, hat eine Elfjährige in Niederbayern ohne das Wissen ihrer Eltern den Familienhund an einen Fremden verkauft. Der Vater des Mädchens meldete den Vorfall, wie die Polizeiinspektion Landshut am Mittwoch berichtete. Das Kind war demnach am Montag mit dem Yorkshire-Terrier in Essenbach nördlich von Landshut spazieren gegangen, hatte aber offenbar keine Lust darauf. Sie habe den Hund kurzerhand einem Unbekannten für mehrere Hundert Euro angeboten und das Geld an sich genommen.“

Ja, gut. Kluges Kind. Andere setzen den Hund am Autobahnrastplatz aus. Oder bringen ihn nach Corona ins Tierheim zurück, weil … Ja, warum? Weil sie sich das mit Hund irgendwie anders vorgestellt haben? Weil das Tier was zu Essen, ein bisschen Liebe und noch an die frische Luft will? Anstrengend das alles.

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Einen Serientipp habe ich noch, und wie‘s der Zufall will führt er auf magische Weise die beiden vorangegangenen Themen dieses Blogbeitrags zusammen. (Tjaha, ihr denkt, ich schreibe hier einfach irgendwas zusammen, in Wahrheit folgt das aber dem großen Strom des Lebens, der im großen See des Universums zusammenfließt. Oder so ähnlich.)

Die unbedingt sehenswerte Serie ist The Night Of, abrufbar u.a. auf Sky. Sie beginnt wie ein konventioneller Krimi – eine junge Frau wird in New York in ihrer Wohnung ermordet, der vermeintliche Täter sitzt sehr schnell in Untersuchungshaft und wartet auf seinen Prozess. Im Folgenden gibt es aber wenig Konvention und viel Entschleunigung. Die Serie lässt sich Zeit, und zwar vor allem für ihre Figuren. Der Arbeit des leitenden Polizisten, der Staatsanwältin, der wechselnden Anwälte wird viel Raum gelassen. Wir erleben, wie der Angeklagte die Zeit bis zum Prozess im Gefängnis verbringt und was das mit ihm macht. Das Ende ist lakonisch, kein Hollywood weit und breit. Das alles ist völlig unangestrengt, unterhaltsam, durchaus spannend erzählt und vor allem exzellent gespielt. 

Und wo ist die Verbindung zu Essen und Haustier? Also:

Die Geschichte nähert sich dem Höhepunkt, wir sind in Folge 8 von 8 – und ich traue meinen Augen kaum: Da trifft sich der Anwalt mit dem Polizisten in genau jedem Laden für Dumplings in Chinatown, den mein Sohn und ich auf unserer New York-Reise 2019 zum Lieblings-Imbiss erkoren hatten, einerseits weil unser Hotel gleich nebenan lag, andererseits weil die Dumplings (das sind so chinesische Teigtaschen, die in Brühe gekocht oder in Fett gebraten werden) so unfassbar gut waren und für einen für New Yorker Verhältnisse Spottpreis verkauft wurden. „Tree Dollars“, war der Standard-Spruch der Verkäuferin beim Abkassieren, „Tree Dollars“ habe ich heute noch im Ohr, wenn ich an diesen Laden und die Dumplings denke. Und für diese „tree Dollars“ gab es wohlgemerkt zehn Dumplings, die schon ziemlich satt gemacht haben. Zum Beweis: Szenen aus der Serie und meine Aufnahmen von 2019:

Und wo bleibt das Haustier? Im Film spielt eine Katze eine besondere Rolle und ihr gehört die letzte Szene, der letzte Auftritt. Es ist ein sehr kurzer, aber sehr versöhnlicher Auftritt in einer Serie, die einen ansonsten mit zahlreichen Gedanken über Leben, Zufall und Schicksal zurücklässt. Mehr verrate ich nicht, schaut euch das an.

Ein Gedanke zu “Lissabon, Niederbayern, New York

  1. Zur Serie sag’ ich nichts, weißte ja. Gehört für mich zum Besten der letzten Jahre. Zum Eiweiß habe ich eine Theorie: Wahrscheinlich geht das in die Fitness- und Shake-Industrie. Hühnereiweiß ist DER Proteinlieferant schlechthin.

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