Bis heute berühmter als die zahlreichen Pilgerfahrten ins Heilige Land sind die mittelalterlichen Expeditionen nach Fernost, die allerdings vergleichsweise spät einsetzten. Erst eine besondere politische Konstellation, die gerne als ›Pax Mongolica‹ bezeichnet wird, ermöglichte etwa zwischen 1250 und 1350 direkte Kontakte zwischen Europa und Asien. Der gut ein Jahrhundert währende mongolische Friede sorgte für einen intensiven Reiseverkehr zwischen West und Ost – und bescherte der Nachwelt eine Vielzahl herausragender Reiseberichte.
Vor allem Mönche wie der Franziskaner Giovanni de Piano Carpini, sein flämischer Ordensbruder Wilhelm von Rubruk und der Italiener Odorico da Pordenone reisten gen Osten – um zu missionieren und um Möglichkeiten auszuloten, die Mongolen als Verbündete im Kampf gegen die Ungläubigen im Heiligen Land zu gewinnen. Die Berichte all dieser Asienfahrer dienten Mandeville als Vorlage, während er einen der bekanntesten Reisebericht jener Zeit, Marco PolosBeschreibung der Welt, wohl nicht direkt als Quelle benutzt hat.
Zur Zeit der Niederschrift des Mandevillschen Reiseberichts, um die Mitte des 14. Jahrhundert also, schloss sich wieder jenes hundertjährige Zeitfenster, das zu solch regem Austausch zwischen Europa und Asien geführt hatte. Die Ursache für das Ende jener intensiven ›Ost-West-Beziehungen‹ war – neben der Ausbreitung der Pest seit 1340 in Asien, die bald auch Europa erreichte – wiederum politischer Natur. Um 1350 kam es in China regelrecht zu einer nationalen Volksbewegung gegen die Mongolen, das riesige Reich begann zu zerfallen.
1368 wurde Khanbalik durch den Rebellenführer Zhu Yuanzhang fast kampflos erobert. Der letzte Mongolenfürst Toghan Temür flüchtete, Zhu ließ sich zum Kaiser erheben und begründete die Ming-Dynastie, die bis 1644 regierte. Die Ming-Herrscher aber hatten – im Gegensatz zu den Führern der Mongolen – an Kontakten zum fernen Europa kein Interesse.
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