Schmuckstücke der ersten deutschen Mandeville-Ausgaben sind die zahlreichen Holzschnitte, mit denen der Text illustriert ist. Im Folgenden einige Beispiele, die den Erstdrucken der Mandeville-Übersetzungen von Michael Velser (1480) und Otto von Diemeringen (1480/81) entnommen sind. Diese Holzschnitte wurden auch bei der Illustrierung der Neuausgabe verwendet.
Amazonen
„Nun sollt ihr wissen, dass jenseits von Chaldäa auch Amazonien, das Land der Frauen, liegt. Es ist ein Königreich, in dem nur Frauen, aber keine Männer leben, und viele sagen auch, in diesem Land werde kein Mann geduldet. Denn die Frauen lassen niemanden hinein, sondern wollen selbst herrschen. (…) Item gibt es in ihrem Land eine Königin. Sie erwählen die Würdigste und Stärkste zu ihrer Königin. Wenn aber eine andere Frau tüchtiger ist als die Königin, übertragen sie ihr das Amt.“
Der Tod des Großkhan
„Wenn der Kaiser stirbt, bereiten sie ihm einen schönen Saal vor, bringen den Toten hinein, legen Brot und eine goldene Schale mit Milch auf den Tisch, lassen eine junge Kuh hineinführen und sein Pferd mit Sattel und Zaumzeug. Danach heben sie eine große Grube aus und vergraben all das, zusammen mit einem oder zwei seiner besten Diener, die ihm in der anderen Welt dienen sollen. Die Kuh soll ihm im Jenseits Milch geben. Und sein Pferd und die Speisen sind nötig, weil er auch sie in der anderen Welt brauchen wird.“
Ein scheußliches Gesicht
„Item steht inmitten des Tales ein großer Fels, auf dem das Antlitz eines Teufels zu sehen ist – das schrecklichste und scheußlichste Gesicht, das man sich vorstellen kann. Sicher gibt es keinen Menschen, der angesichts dieser wunderlichen Figur nicht erschrickt und dessen Seele vor Schrecken und Abscheu nicht erbebt. Der Teufel sieht so furchtbar aus, dass man meinen könnte, er wolle einen fressen. Aus seinem Maul entströmt Rauch und ein schrecklicher Gestank.“
Vom Vogel Phönix
„Der Vogel Phönix verbrennt sich auf dem Altar eines Tempels in Heliopolis alle fünfhundert Jahre. Wenn die Zeit gekommen ist, bereiten die Priester auf dem Altar viele Spezereien, Weihrauch, Schwefel und anderes mehr. Dann kommt der Vogel und verbrennt sich auf dem Altar zu Asche. Einen Tag später ist aus der Asche ein Wurm geworden, am zweiten Tag ist der Vogel schon vollständig wiederhergestellt, und am dritten Tag fliegt er fort. Das ist gewiss ein großes Wunder Gottes!“
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