Veränderungen

Die letzten Tage waren ereignisreich, privat wie beruflich. Und irgendwie drehte sich alles um Veränderungen. Ein Rückblick auf die vergangene Woche …

Am Wochenende wurde unser Ältester konfirmiert. Schöne Feier, schönes Treffen mit Familie und Freunden buchstäblich aus aller Welt. Für Eltern gehören Veränderungen natürlich zum Alltag, das ist eine Binsenweisheit. Geburt, Baby, Kindergarten, Grundschule, Gymnasium … Die Kleinen werden so schnell groß, es ist faszinierend – und ein bisschen erschreckend. Denn war es nicht erst gestern, dass wir unseren heute 14-Jährigen im Kinderwagen durch die Gegend geschoben haben?

Konfirmation in ErlangenUnd so bieten solche Feste Anlass für ein bisschen Nostalgie – vorbei ist vorbei – und viel Freude und Neugierde aufs Kommende, denn die Reise geht weiter und wir dürfen hoffentlich noch eine ganze Weile mitreisen.

Frankfurter Déjà-vu

Die Arbeitswoche begann dann in Frankfurt (Notiz an mich für die nächste Konfirmation: danach einen Tag frei nehmen!). Montag Arbeitskreis Apps & mobile Services vom BITKOM, Dienstag und Mittwoch m-days, Messe und Kongress zum Thema Mobility.

FrankfurtAuf dem Weg vom Bahnhof zum Messegelände hatte ich mehr als ein Déjà-vu: Als mein heute 14-Jähriger geboren wurde, habe ich bei einem Stuttgarter Verlag gearbeitet, damals war die Frankfurter Buchmesse meine Leitmesse, und ich war dort, um als Lektor mit Autoren und Lesern über Bücher zu reden. Heute war ich dort, um eine Keynote über „Konzepte für die mobile Interaktion im Unternehmen“ zu halten und mit Menschen über die Möglichkeiten kleiner mobiler Geräte und das Internet of Things zu reden.

Wenn ihr mir das vor 15 Jahren prognostiziert hättet, hätte ich euch für verrückt erklärt. Ihr hättet aber auch über erhebliche prophetische Gaben verfügen müssen – das iPhone ist gerade mal sieben Jahre alt, und der technologische Wandel findet in einem Tempo statt, dass es einem schwindelig werden kann. Faszinierend jedenfalls, wo einen das Leben hinführt.

Innovationen und Spielereien

Das Schöne an unserer Arbeitskreis-Sitzung und den m-days war, dass man wahnsinnig viele Konzepte, Ideen und Lösungen kennen lernen konnte, die teils erfolgreich etabliert sind, teils ziemlich freakig und abgefahren wirken.

Keynote zu Enterprise Mobility auf den m-daysDen größten Fehler, den man bei solchen Veränderungen im Sinne von Innovationen machen kann, ist sie arrogant als Spielereien abzutun, die ja irgendwie „ganz nett“, aber auch sehr irrelevant seien. Die Relevanz eines Telefons ohne Tasten wurde vor sieben Jahren auch vom einen oder anderen in Frage gestellt. Nokia kann ein Lied davon singen. Das heißt natürlich nicht, dass sich alles Abgefahrene durchsetzt. Aber manches. Und das dann gegebenenfalls sehr disruptiv.

Innovation Hacking

Ein in diesem Zusammenhang interessantes Konzept hat Nick Sohnemann von Futurecandy auf den m-days vorgestellt: Innovation Hacking. Kerngedanke dahinter ist, dass (digitale) Innovationen heute nicht mehr wie vor 20 Jahren in langwierigen Prozessen entstehen können. Statt sich fünf Jahre im Kämmerlein einzuschließen und dann eine perfekte Goldkanten-Lösung auf den Markt zu bringen (die aber leider vier Jahre zu spät kommt), heißt es schnell zu sein und Mut zur Lücke zu haben: Besser ein unfertiges Produkt bewusst unfertig und schnell auf den Markt bringen, sehen, was der Markt damit anfängt, und basierend auf diesen Erkenntnissen das Produkt stetig weiterentwickeln.

Oculus Rift im SelbsttestSo geschehen bei Google Glass oder Oculus Rift (das nur aussieht wie ein Brett vorm Kopf, in Wahrheit aber ein Stück Technologie ist, das sich Facebook gerade für 2 Milliarden Dollar einverleibt hat). Innovation Hacking also, über das ihr hier noch etwas mehr lesen könnt. Ein Konzept, von dem viele Unternehmen weiter entfernt sind als Deutschland von einer flächendeckenden Breitbandversorgung.

Homer, Heraklit und Steve Jobs

Letzte Station diese Woche war der Textprovider Content Summit in Düsseldorf, eine schon deshalb interessante Veranstaltung, weil thematisch Tradition (gute Inhalte, Qualitäts-Content) auf Moderne (neue Distributionswege, dieses Internetz-Dings, Soschlmedia und so weiter) traf. Auch hier sind Veränderungen Alltag, denn bisherige Wege, Inhalte zur Zielgruppe zu bringen, werden mindestens ergänzt von neuen, wenn nicht sogar ersetzt durch neue.

Textprovider Content Summit in DüsseldorfUnd manche Veränderungen bestehen gerade im Bereich der Unternehmenskommunikation auch darin, sich auf uralte Erfolgsrezepte zu besinnen. Storytelling? Seit Homers Odyssee ein alter Hut. Wie heute Unternehmen in Text und Bild den Homer machen (und dafür sorgen, dass die modernen Odyssees auch bei Google gefunden und in sozialen Netzwerken geteilt werden), wurde jedenfalls an vielen Beispielen gezeigt, von Amazon bis Zalando, von Focus Online bis Siemens.

Solche Veränderungen werden naturgemäß von manchen als spannend, von manchen als bedrohlich empfunden. Ich gehöre zu Ersteren. Alles fließt und nichts bleibt; es gibt nur ein ewiges Werden und Wandeln, wissen wir seit Heraklit (schon wieder ein alter Hut), es kann also nicht verkehrt sein, sich mit einer gesunden Portion Optimismus auf die Veränderungen einzulassen.

Ich glaube, das letztlich meinte auch Steve Jobs (um mit einer etwas moderneren Referenz zu schließen), der große Diktator und Disruptor, mit den Schlussworten seiner legendären Stanford-Rede: „Stay hungry, stay foolish.“

3 Gedanken zu “Veränderungen

  1. Diese Aufregung um die Google Brille erinnert mich an den Cyperspace Hype der Mitte der 90er losgebrochen ist. Jaron Lanier, VPL und das Abtauchen in den Cyberspace. Alles war auf einmal irgendwie virtuell, die Realität sah aber anders aus. Der Cyberspace hat sich die Realität anders und unauffälliger erobert. Diese Datenbrillen werden das schließlich auch tun, aber erst wenn auch sie unauffälliger geworden sind. Falls Zuckerberg zukünftig nur noch mit diesem Brett herumlaufen sollte, werde ich meine Facebook Aktien schnellstmöglich verkaufen.

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    • Unauffälliger wären zum Beispiel Kontaktlinsen mit entsprechenden Funktionen und Möglichkeiten – auch da gibt es schon Visionen und sogar konkrete Forschungsprojekte, die auf den m-days angesprochen wurden. Klar ist, dass sich das Interface User > Digitale Welt weiterentwickeln und verändern wird …

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