Drei Social Media-Erkenntnisse

Ich war mal wieder auf einem Social Media Kongress mit jeder Menge Vorträgen und großer thematischer Vielfalt. Drei Erkenntnisse habe ich euch mitgebracht …

Social Signals schaffen Vertrauen, Vertrauen schafft Umsatz

Jenseits von Fan- und Follower-Zahlen (die irrelevantesten aller Kennzahlen) und ROI-Berechnungen (so kompliziert wie undurchschaubar) gibt es auch schöne Beispiele, wie man ganz handfest und belastbar die Wirkung von Social Media nachweisen kann. Ein solches hat Prof. Oliver Hinz von der TU Darmstadt gezeigt.

Er hat zusammen mit einem mittelgroßen Shop und der guten, alten, wunderbaren Methode des A/B-Testings analysiert, wie sich die Platzierung einer Facebook-Like-Box bzw. einer vergleichbaren Box mit Signalen aus einer eigenen Community auf einer B2C-Produktbeschreibungsseite auf den Produktverkauf auswirkt. Schon die Fragestellung bzw. das Analyse-Setting ist viel intelligenter und interessanter als die übliche nervige Frage, wie viele Produkte man denn schon „über Social Media“ verkauft habe (gerne auch im HR-Bereich: wie viele Mitarbeiter man schon via Social Media gewonnen habe). Und sie liefert belastbare, evidenzbasierte und intersubjektive Ergebnisse, da insgesamt über 70.000 User 50:50 auf eine der beiden Produktseitenvarianten gelenkt wurden und signifikant unterschiedlich agiert haben.

Ergebnis: Die Nutzer auf den Seiten mit sichtbar integrierten Social Signals haben sich länger im Shop aufgehalten, haben 12,9 Prozent mehr Umsatz generiert, die Conversion Rate stieg um 22 Prozent. Interpretation: Die Anzeige, dass andere Nutzer ein Produkt bzw. einen Shop gut fanden, führt zu Vertrauen, und Vertrauen führt zu mehr Umsatz. Damit haben Social Signals eine ähnliche Wirkung wie Qualitätssiegel à la „Trusted Shops“ oder „TÜV“.

Management by Internet

Social Media Summit 2014Spannend auch der Vortrag von Willms Buhse, CEO von doubleyuu, über die digitale Transformation von Unternehmen – nicht weil er mal eben die Lösung aufgezeigt hat (geht natürlich nicht), sondern weil er schön auf den Punkt gebracht hat, vor welchen Herausforderungen und Veränderungen viele Unternehmen gerade stehen. Im Grunde führt er das auf unterschiedliche Werte-Welten zurück, die im Unternehmen anzutreffen sind – vereinfacht gesagt auf der einen Seite der sicherheitsorientiere, hierarchisch strukturierte Fehler-Vermeider, auf der anderen Seite der auf Transparenz und Schnelligkeit setzende Netzwerker (ihr merkt schon, ich verkürze das ein wenig). Hat auch was mit Alter zu tun, aber nicht nur.

Das Schöne an seinen Ausführungen und das Schwierige im echten Leben ist: Keine von beiden Seiten hat Recht, es gibt kein Schwarz und Weiß. Wir müssen nicht alle Old-Style-Manager umerziehen und zu Hoodie-Trägern machen, zumal es Situationen und Konstellationen im Unternehmen gibt, wo traditionelle Management-Konzepte völlig legitim sind. Aber wir können auch nicht so weiter machen als sei nichts gewesen, als gebe es kein Silicon Valley mit einer Innovationsdynamik, die so manchen deutschen Ingenieur erblassen lassen müsste. Über Veränderungen und Innovation Hacking habe ich ja schon mal ein paar Zeilen geschrieben. Die Frage ist also, wo und wie Transparenz, Vernetzung und Agilität ein Unternehmen bereichern können und wie man Unternehmen in Bewegung setzt und Kulturen verändert. Lektüre-Tipp für alle, die auf der Suche nach Antworten sind: Management by Internet.

Blogger ernst nehmen und wertschätzen

Das Thema Blogger Relations ist nicht unbedingt neu, aber ich glaube, es gibt nicht viele Unternehmen, die das gut machen (es gibt aber wahnsinnig viele Unternehmen und Agenturen, die das furchtbar schlecht machen). Am Anfang stehen natürlich Monitoring und Identifizierung von Influencern. Und dann kommt das Schwierige: die Blogger ernst nehmen, wertschätzen, individuell und persönlich auf sie eingehen und zugleich ehrlich bleiben (denn letztlich sind Unternehmen keine Wellness-Abteilungen für Blogger, sondern verfolgen mit Marketing und Blogger Relations bestimmte Ziele, logisch). Das ist vor allem viel aufwändiger als die Blogger mit Textbaustein-Serienmails zuzumüllen, auf dass sie einem einen Backlink spendieren.

Vapiano macht das ziemlich gut und aufwändig und erfolgreich, das wurde auf dem Social Media Summit deutlich. Interessant auch, dass Vapiano die Blogger nicht nach Reichweite klassifiziert (alle bekommen die gleiche Behandlung). Ein wichtigeres Kriterium ist die Qualität der Blogs, zum Beispiel die Qualität der geposteten Fotos. (Ein anderes Unternehmen, das das ziemlich gut macht, ist übrigens Coffeecircle. Das Ergebnis der Beziehungspflege von Coffecircle mit Blogger Christian bekommt ihr nächste Woche hier im Blog zu lesen: ein Interview darüber, was guten Kaffee ausmacht.)

Ceterum censeo …

Ansonsten ist Content immer noch King, Markenbotschafter heißen jetzt Brand Advocates, das Clue Train Manifest gilt nach wie vor, Engagement ist wichtig, man muss alle Kanäle berücksichtigen und den Nutzer dort abholen, wo er ist, mobile first (zumindest im B2C-Segment) und so weiter und so fort. Wurde auf dem Kongress an vielen Praxisbeispielen von Barcadi bis Jack Wolfskin, von Nestlè bis MyToys nochmal gezeigt und erläutert.

Mehr Infos auch zu den anderen Vorträgen gibt es in diesem Blog.

4 Gedanken zu “Drei Social Media-Erkenntnisse

  1. Hallo Christian,

    danke für diese Einsichten. Gab es auch Erkenntnisse speziell für das B2B Social Media Marketing?

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  2. Danke für die Erkenntnisse und Einschätzungen.
    Teilweise kann ich da zustimmen. Nur den Nebensatz „, die so manchen deutschen Ingenieur erblassen lassen müsste“, halte ich für rin Klischee. Als Ingieneur kenne ich einige Kollegen, die geniale Ideen haben und auch offen für digitale Ansätze sind.

    Was typische Ingeniuere von den „digital natives“ und den erfolgreicheren US-Unternehmern unterscheidet ist, dass sie sich mehr um ihr Produkt kümmern als um das zu Verkauf nötige Marketing. Bezüglich der Produkthaftung ist das für Kunden sicher besser. Für den Vertrieb ist das auf jeden Fall schlechter. Darüber ließe sich sicher lange diskutieren.

    Zum Thema Verbraucherschutz und Marketing habe ich gerade einen Beitrag verfasst, der sich auf einen aktuellen Beitrag im Magazin Werben & Verkaufen (W&V) bezieht. Siehe: http://vfalle.wordpress.com/2014/06/07/verbraucherschutz-argert-marketing/

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