Zitat am Freitag: Schwimmen

Man hat’s schon öfter gehört und gelesen: Deutschland wird zur Nichtschwimmer-Nation. Die Gründe sind bekannt, die Zahlen beeindruckend …

Zu diesem Thema auch mein Zitat der Woche:

Die Folgen des Schwimmbädersterbens sind gravierend: Die Vereine führen lange Wartelisten für ihre Schwimmkurse, es stehen viel zu wenig Bahnen zur Verfügung. Die Zahl der Schwimmprüfungen ist dementsprechend gesunken: Die DLRG verzeichnete in den 70er-Jahren bundesweit 1,5 Millionen pro Jahr, 2012 schrumpfte die Zahl auf 183 000.

Schreibt: die Süddeutsche Zeitung auf ihrer Seite 3.

Auch interessant, wie es zum Schwimmbad-Boom und dann zum Schwimmbad-Sterben kam:

Der Aufschwung der Freibäder begann in den Sechzigerjahren. Das architektonisch gestylte Bad mit Liegewiese wurde zum Statussymbol der vom Wirtschaftswunder gedopten Kommunen. Zuerst vermehrten sich die Freibäder, danach die beheizten Hallenbäder. (…) Im Olympiajahr 1972 erreichte die Bäderlust einen Höhepunkt. (…) Der Schwimmunterricht in Vereinen und Schulen blühte auf wie die Natur im Frühling. Aus diesem Grund sind die heute 35- bis 45-Jährigen die wohl sicherste Schwimmgeneration, die es bislang gab.

Schon 1970 wurde aber auch mit dem Alpamare in Bad Tölz das erste „Spaßbad“ eröffnet, das vielen Kommunen bald attraktiver erschien als ein normales Schwimmbad. Aber da kann man doch auch gut schwimmen lernen, oder? Nein: „Wo in hüfthohen Becken nur geplanscht, gesprudelt und gerutscht wird, dort wird eben nicht geschwommen.“

Als Angehöriger der „sichersten Schwimmgeneration“ aller Zeiten kann ich das alles aus eigener Erfahrung bestätigen. Als Kind lebte ich in Traisa, in der Nähe von Darmstadt. Der Ort hatte und hat rund 3.000 Einwohner, und natürlich gab’s am Ortsrand ein Freibad. Heute wohne ich in Erlangen, und diese 105.000-Einwohner-Stadt hat exakt zwei Freibäder, von denen gerade eines bis 2017 geschlossen ist. Schon krass, oder?

Unsere drei Kinder können übrigens, trotz der erbärmlichen Schwimmbad-Dichte in heutigen Großstädten, alle schwimmen. Der Weg dorthin war mühsam, sie waren allesamt wasserscheu und es hat einige Kurse gebraucht um sie in Sachen Schwimmen zu dem zu machen, was sie heute sind: echte Wasserratten.

Beim Schwimmkurs
Beim Schwimmkurs
Mut zum Sprung ins kalte Wasser
Mut zum Sprung ins kalte Wasser

Schönes Wochenende!

(Alle Freitags-Zitate zum Nachlesen)

5 Gedanken zu “Zitat am Freitag: Schwimmen

  1. Vielleicht ist das Leben in der Provinz für’s Schwimmen ersprießlicher? In Spangenberg das Freibad ist schon gut 100 Jahre alt, am Anfang war es nicht gefliest, sondern noch mit schrägen Böschungen. Da flitzten tatsächlich Wasserratten zwischen den Schwimmern herum ;-)
    Meine sind Wasserratten, von Anfang an, die Älteste und die Jüngste sind sogar mal im Verein geschwommen. Das hat jeweils geendet, als die Trainingszeiten mit den Schulzeiten nicht mehr kompatibel waren.

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  2. Hallo Christian,

    nett, dass Du das noch mal aufnimmst.

    In Tübingen ist die Bäderdichte noch gut. Zwei Hallenbäder, ein großes Freibad mit abgetrennten Schwimmerbahnen; zum Leidwesen derer (Kinder und Erwachsene), die nur planschen und Spaß haben wollen. Als die Schwimmerbahnen im Hallenbad eingeführt wurden, gab es einen extrem provinziellen, spießigen Leserbriefkrieg, nach dem altschwäbischen Motto: Wutbürgerle gehen baden!

    Und da wären wir dann auch schon bei einem weiteren Problem, wie ich finde. Es sind nämlich sowohl die Eltern, als auch die Kinder, die sich aber nicht mehr anstrengen möchten, um schwimmen zu lernen. Und schwimmen lernen ist mitunter mühewolle Arbeit, die aber wirklich lohnt. Alles muss halt immer Fun und Spaß und Event und was weiß ich noch alles sein. Schade.

    Der Sportlehrer unserer Tochter hat bei einem der ersten Elternabende am Gymnasium gesagt, dass er mit dieser Klasse niemals ans Meer fahren würde, weil mehr als die Hälfte der Kinder absaufen würde. Die Eltern haben sich darüber furchtbar aufgeregt.

    Ich wünsche Dir einen sonnigen Sommer und vielel schöne Stunden im und am Wasser.

    Norbert

    P.S. Auch als Erwachsener kann man mit Schwimm-Einzelstunden noch viel bewegen – und noch mehr Freude am Sport gewinnen.

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  3. D’accord. Die Zahl der Mesnchen, die gar nicht oder nur unzureichend schwimmen können, wird rasant zunehmen.
    Sehr erschreckend ist auch die Gleichgültigkeit der Eltern dem gegenüber, dass ihre Kinder nicht mehr richtig schwimmen können.
    In Kölner Freibädern fühlt man sich genötigt, Eltern darauf hinzuweisen, dass sie dort ihre Kleinen beaufsichtigen müssen. Offensichtlich glauben einige, es reicht, wenn der Bademeister nach dem Rechten schaut. Es ist mittlerweile wohl Usus an Badeseen und in Bädern, dass Kinder, die nicht schwimmen können, unbeaufsichtigt durch’s Wasser toben. Man muss sie nicht überbewachen, schon klar. Aber hin und wieder frage ich mich schon, wenn ich so Zwerge mit Schwimmflügeln sehe, ob die Eltern oder sonstwer die überhaupt im Blick haben… und ob sie erkennen, wenn was nicht stimmt. Denn Ertinken tut man nicht mit wildem Geschrei und Händeschlagen, das geht sang- und klanglos über die Bühne. Weiß auch kaum noch einer.

    Überhaupt scheint die Verantwortung für Badeunfälle sukkzessive auf Schwimmeister, Wasserwachtler und DLRG abgeschoben zu werden, verfolgt man die Diskussionen über die jüngsten zahlreichen Badeunfälle mit tödlichem Ausgang. Da werden überall Vorwürfe laut, die „Aufsicht“ habe nicht gut genug aufgepasst.

    Fakt ist, dass der Großteil der Schwimmunfälle von den Schwimmern bzw. schwimmunfähigen Badegästen selbst verschuldet ist… Überschätzung der eigenen Kräfte/Kondition/Fähigkeiten. Selbst die simpelsten Baderegeln werden ignoriert, oft genug mit tödlichem Ausgang für die Betroffenen, wie es im Juli erst wieder zigfach durch die Medien ging.

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