Zitat am Freitag: Baustellen-Lyrik

Ein weiteres intimes Geständnis hier im Blog: Ich bin ein Fan von Autobahn-Großbaustellen …

Nein, nicht als Autofahrer, der dann im Stau steht. Aber auf einer abstrakten Ebene. Mich beeindrucken Planung und Logistik, die nötig sind, um solche Großbaustellen zu realisieren. Als Autofahrer sehen wir ja nur ein paar (teils beeindruckende) Maschinen und jede Menge Staub, aber wer da was genau in welcher Reihenfolge tun muss, damit am Ende tatsächlich ein neues Autobahnkreuz fertig wird – das beeindruckt mich.

Was ich bislang nicht wusste: dass solche Baustellen auch eine eigene Sprache haben. Gibt es eigentlich Baustellen-Linguisten, die sich damit beschäftigen? Fachwörterbücher der Baustellen-Sprache? Ein solches muss der Redakteur der Erlanger Nachrichten zur Hand gehabt haben, als er äußerst sachkundig über den Fortgang der Bauarbeiten am Autobahnkreuz südlich von Erlangen berichtete:

Lärmschutzwand: Der Kopfbalken wurde fertiggestellt und die Bohrebene zurückgebaut. Nun werden die Fundamente und darauf die Gabionenwand als Bohrpfahlverblendung hergestellt. Dadurch kann es tagsüber zu Staub und Lärmbelastungen kommen. Entwässerung: Die Bohr- und Rammarbeiten für die Baugrubenumschließungen wurden fertiggestellt. Die Durchpressung des Grabens ist abgeschlossen. Derzeit erfolgen noch Umbinde- und Anschlussarbeiten für die endgültige Fertigstellung der Grabenverrohrung. Der örtliche Schwerpunkt der Durchpressung für die Tiefenentwässerung liegt im Nordwest-Quadranten des Autobahnkreuzes. Im Bereich des Regenrückhaltebeckens laufen Rückverankerungsarbeiten für die Baugrubenumschließung.

Bohrpfahlverblendung. Das ist Lyrik! Aber keine zarte, fragile, sondern männliche, kraftstrotzende Lyrik. Hier wird durchpresst, umschlossen, umgebunden, verrohrt und rückverankert im Takt der Maschinen. Höchste Präzision in Verbindung mit Staub und Schweiß. Keine Ahnung, was genau da passiert, aber es ist mehr als Handwerk, es ist Kunst!

Ja, das hat fast Loriot’sche Qualität. „Fräulein Hagebusch, wo ist denn der Scherbolzen für den Trulleberg?“ Vielleicht in der durchgepressten Umschließungs-Verankerung. Man weiß es nicht …

Schönes Wochenende!

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2 Gedanken zu “Zitat am Freitag: Baustellen-Lyrik

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