Hamburger Hinweise

Ich war kürzlich mal wieder in Hamburg. Hansestadt. Tor zur Welt. Ihr wisst schon. Und neuerdings wohl auch: Stadt der rätselhaften Schilder und strengen Spaßbegrenzung …

Würde ich nicht im herrlichen Mittelfranken wohnen, jeweils nur einen Steinwurf entfernt vom oberfränkischen Bier- und unterfränkischen Weinparadies, es würde mich wohl nach Berlin oder Hamburg ziehen. Hamburg hat ohnehin schon meine liebste Laufrunde, die Stadt wirkte immer entspannt, großzügig und weltoffen auf mich …

Doch nun das:

Blaue Linien in Hamburg

Gastronomische Grenzerfahrung

Blaue Linien, wohin das Auge schaut. Hier hatte offenbar jemand das dringende Bedürfnis zu regulieren. Diesseits der Linie: gastronomischer Außenbereich (wie das im Städtebehörden-Slang wohl heißt); jenseits der Linie: Gehweg. Grund für die kompromisslose Grenzziehung: „zahlreiche Beschwerden der Anwohner, die sich auf den Gehwegen eingeengt fühlen“, wie man im Web lesen kann.

Empörte Anwohner, was sonst. Grenzziehung, was sonst. Die Antwort der Deutschen aufs Leben. Hallo, Hamburg, GEHT’S NOCH? Du bist doch nicht Stuttgart! Von Schwaben, wo Hausordnung und Kehrwoche erfunden wurden, hätte ich nichts anderes erwartet, aber Hamburg? Willst du wirklich die Stadt sein, in der das Ordnungsamt überprüft, ob der Tisch vorm Wirtshaus auch ja nicht über die blaue Linie hinausragt? Die Grenze überschreitet? Die territoriale Unversehrteit des Gehwegs verletzt?

Man versuche, sich das in anderen Städten vorzustellen. In Berlin Mitte, wo man im Sommer keine 100 Meter gehen kann, ohne sich auf ein Glas Wein niederzulassen, weil wieder so ein unverschämter gastronomischer Außenbereich einem den Weg versperrt. Ach was, in zig anderen Städten, wo man das mit ein bisschen gesundem Menschenverstand und ohne blaue Linien geregelt bekommt.

Einmal dafür sensibilisiert, fällt auf, das man auch andernorts in Hamburg zu Regulierung und Belehrung neigt. Zum Beispiel im öffentlichen Nahverkehr:

Hamburger Hinweise vom HVV

Klingt doch nett und freundlich, meint ihr? Mir gehen solche Schilder mächtig auf die Nerven. Denn erstens will ich nur Bus fahren und werde gleich mal vierfach belehrt, wie ich das gefälligst zu tun habe.

Und zweitens bin ich ein Fan von Klartext. Es ist mir völlig schnurz, ob mich der HVV als Fahrgast lieb hat. Ich habe auch nicht vor, in einen Beliebtheitswettbewerb mit anderen Fahrgästen zu treten, damit der HVV mich am liebsten von allen hat. Ich kann das Schild nur so interpretieren, dass jeder einsteigen, stehen bleiben und aussteigen kann, wo er will, es sei denn er ist sehr einsam und braucht dringend Freunde. Und was soll dieser „Tipp“ bedeuten? Ein Tipp ist eine unverbindliche Empfehlung. Sollte mich jemals jemand in Hamburg beim Aussteigen kontrollieren wollen, werde ich ihm sagen: „Ach nein, heute nicht. Danke für den Tipp, nächstes Mal vielleicht.“

Aber es gibt noch mehr tolle Schilder in Hamburgs Bussen. Zum Beispiel dieses hier:

Ein HVV Gedicht

Ich weiß ja nicht, was die Jungs in der Marketing-Abteilung von HVV geraucht haben. Aber auch ganz unbenebelt kann ich nur antworten: „Euer Schild mit dem Gedicht – gefällt mir trotz der Reime nicht. Oder vielleicht der Reime wegen, ist’s ein Fluch und grad kein Segen.“

Ach, Hamburg. Du musst dringend an dir arbeiten. Die Welt funktioniert auch ohne mahnende Linien und raunende Schilder ganz gut. Weniger ist mehr. Das immerhin habt ihr bei diesem Schild am Hamburger Hauptbahnhof schon beherzigt:

Weniger ist mehr

 

4 Gedanken zu “Hamburger Hinweise

  1. Hey Christian,

    Toller Bericht über Hamburg, auch wenn meine Lieblingsstadt und Wohnort nicht so gut wegkommt. Es gibt solche Gedichte auch noch mehr, die auch nicht so dolle sind. Aber man kann auch drüber schmunzeln. Die Belehrung im Bus sind mir neu, aber ich fahre auch meistens U-Bahn, da gibt es so etwas nicht so viel.

    Lg Mel

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