Das Palladio-Motiv

Palladio-Motiv? Was ist das denn? Klingt wie der neue Giga-Bestseller von Dan Brown (nach Der Da Vinci Code jetzt Das Palladio Motiv mit zahlreichen neuen Verschwörungstheorien!). Hat aber tatsächlich etwas mit italienischer Baustilkunde zu tun …

Andrea Palladio (1508-80) ist nicht nur einer meiner Lieblings-Architekten, sondern auch einer der einflussreichsten Baumeister der italienischen Spätrenaissance. Er hat Motive der römischen Antike studiert, bei seinen Bauwerken konsequent und kreativ angewendet und damit die nachfolgenden Architekten-Generationen maßgeblich beeinflusst. Das kann man sich allenthalben in der Lombardei und vor allem im Veneto, wo ich ja gerade im Urlaub war, ansehen. Und besonders schön zeigt sich das bei jenem Architektur-Element, das nach ihm selbst benannt ist: dem Palladio-Motiv.

Venezianisches Fenster und Serliana

Dieses Element hat er nicht erfunden, aber vielfältig verwendet und bekannt gemacht. Zuvor hieß es Venezianisches Fenster oder auch Serliana, nach dem Architekten Sebastiano Serlio, der mit seinen Sette Libri d’architettura eines der wichtigsten Architektur-Traktate des 16. Jahrhunderts geschrieben hat. Und so soll das Ganze ungefähr aussehen:

Serliana aus Sebastiano Serlios Trattato de architettura

Vom Triumphbogen zum Palladio-Motiv

Mit Worten: Es handelt sich um eine Wandöffnung, bei der eine auf Säulen oder Pfeilern stehende Bogenöffnung von zwei rechteckigen Öffnungen flankiert wird, die in der Regel schmaler sind als die Bogenöffnung und deren Gebälk in Höhe des Bogenkämpfers (also dort, wo der Bogen anfängt) verläuft. Klingt kompliziert, ist aber ganz einfach und sieht einfach sehr schön aus. Die antike Inspiration dafür lieferten zahlreiche römische Triumphbögen, die nach einem ähnlichen Prinzip aufgebaut sind.

In der Renaissance wurde das Motiv vielfältig eingesetzt, etwa von Giulio Romano, einem Schüler Raffaels, beim Palazzo del Te in Mantua:

Palladio-Motiv am Palazzo del Te in Mantua

Wenige Kilometer entfernt prägt dieses Motiv das Stadtbild von Vicenza. Schon durch die Gassen kann man es sehen, wenn man sich der Basilica im Zentrum nähert:

Palladios Basilica in Vicenza

Die Basilica in Vicenza

Die Fassade von Palladios wunderbarer Basilica (keine Kirche, sondern eine Halle) im Zentrum Vicenzas besteht in zwei Geschossen ausschließlich aus Palladio-Motiven:

Ein Palladio-Motiv neben dem anderen bei der Basilica in Vicenza

Dabei hat Andrea Palladio das Motiv noch räumlich erweitert, indem er die Säulenstellung verdoppelte und aus dem Rundbogen ein schmales Tonnengewölbe machte:

Palladio-Motiv an der Basilica in Vicenza

Palladio und die Folgen

Das Venezianische Fenster aka Serliana aka Palladio-Motiv findet sich noch häufig im Stadtbild von Vicenza, etwa an „einfachen“ Wohnhäusern:

Palladio-Motiv im Stadtbild von Vicenza

Aber auch an modernen Gebäuden gibt es Palladio-Motive wie dem Sitz der Poste e Telecomunicazioni in Vizenza, das in den 1930er Jahren gebaut wurde (wie zahlreiche andere Post-Gebäude im italienischen Faschismus):

Serliana oder Palladio-Motiv am Gebäude der Post und Telekommunikation in Vicenza

Und, seid ihr schon über Palladio-Motive gestolpert? Immer her damit, ich freue mich über weitere Beispiele!

11 Gedanken zu “Das Palladio-Motiv

  1. Toll! Wieder was gelernt und beim nächsten Mal mit anderem Blick unterwegs. Es macht einfach Spaß Deinen Blog mit den so weitgestreuten Themen zu lesen (und die schönen Fotos anzusehen). Weiter so!

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  2. Man muss nicht bis nach Vizenca fahren, um das Serliana-Motiv zu erleben. In der bayerischen Bischofsstadt Eichstätt und im Ansbacher Schloss hat es der Graubündner Architekt Gabriel de Gabrieli in zahlreichen Bauten und leichten Abwandlungen verwirklicht.

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