Wohin mit dem Biomüll?

Zugegeben: Das ist ein etwas untypisches Thema für dieses Blog. Aber letztlich auch eine Folge der Digitalisierung und daher nicht falsch hier: Worin verpacke ich meinen Biomüll, wenn ich keine Papier-Zeitung mehr habe …?

Wie ich kürzlich hier geschildert habe, gibt es in meinem Haus nur noch digitale Zeitungen. Das ist großartig – und hat uns ein kleines Problem beschert: Worin verpacken wir den Biomüll auf seinem Weg von der Küche in die Biomülltonne?

Das Problem schien schnell gelöst, schließlich gibt es wunderbare Mülltüten, die aussehen wie Plastiktüten, in Wahrheit aber aus Maisstärke hergestellt werden, kompostierbar sind und samt Biomüll-Inhalt komplett verrotten. Die haben auch noch ein Bio-Siegel nach der EU-Öko-Verordnung.

So weit die Theorie. Die Praxis sieht aber wie so oft ganz anders aus.

Plastiktüten bleiben Plastiktüten

Das beginnt schon mit den Begriffen: Auch Tüten aus Maisstärke sind Plastiktüten. Denn „Plastik ist eine Verkettung von Molekülen. Eng müssen sie miteinander verknüpft sein, damit das Material stabil ist. Damit Tüten nicht reißen und Becher nicht schmelzen. Hergestellt werden kann das aus so gut wie allem: aus Kohle und Erdöl, aus Mais, Soja, Büffelgras oder Orangenschalen. Und egal welche chemische Basis es hat, Plastik kann so zusammengebaut werden, dass es sich wieder in seine Bestandteile zerlegen lässt – oder für immer bleibt. Auch Kunststoff mit einem Maisanteil muss sich nicht notgedrungen auflösen. Auch herkömmliches erdölbasiertes Plastik kann bioabbaubar sein.“

Woher weiß die Mülltüte, wann sie verrotten soll?

Biomuell-TueteAber Plastik klingt böse nach Umweltverschmutzung, daher vermeiden die Hersteller ihn in Zusammenhang mit Biomüll. Wichtiger noch ist die Frage, ob diese Beutel nun zusammen mit ihrem Biomüll-Inhalt ordentlich kompostieren.

Aber auch da schaut’s schlecht aus. Hans Demanowski, Professor für Verpackungstechnik, spricht Klartext: „Kompostierbares Plastik ist in den meisten Fällen kompletter Blödsinn. Woher soll ein Joghurtbecher wissen, ob er im Supermarkt steht oder auf dem Kompost liegt und ab wann er zerfallen darf? Das ist reine Werbung. Zumindest ist es nicht so einfach, wie für den Verbraucher dargestellt.“

Kein Bioplastik in die Biotonne

Und tatsächlich zeigt eine flotte Recherche über Google: Die meisten Städte und Gemeinden akzeptieren Biomüll nicht, wenn er in Plastik-Biomüll-Tüten in der Tonne landet. So auch die Stadt Erlangen, die auf meine Anfrage antwortete: „Biologisch abbaubare Müllsäcke benötigen zu lange für die Verrottung. Ziel der Kompostierung in einer großen Kompostanlage ist aber ein möglichst rascher und verlustarmer Abbau des biologischen Materials. Biomüll, der in der Biotonne landet, muss anschließend im Kompostwerk in rund acht Wochen zu fertigem Kompost verarbeitet sein. Für einen vollständigen Abbau des Bioplastiks ist diese Zeit viel zu kurz.“

Die Konsequenz: In den Kompostanlagen müssen die Tüten manuell aussortiert werden. Und weil das weder Spaß macht noch wirtschaftlich sinnvoll ist, sind die Kollegen von der Müllabfuhr „angewiesen, dass die Biotonne ungeleert stehen bleibt, sollten Plastiktüten enthalten sein“.

Biologisch abbaubar heißt noch lange nicht ökologisch sinnvoll

Übrigens ist auch umstritten, wie ökologisch sinnvoll solche Bio-Müllbeutel (und überhaupt: Bio-Künststoffe) sind. So schreibt das Bundesumweltamt: „Die Entwickler, Hersteller und Anwender biologisch abbaubarer Kunststoffe sind bisher den Nachweis schuldig geblieben, dass ihre Produkte eine mindestens gleichwertige Umweltverträglichkeit wie Erzeugnisse aus traditionellen Kunststoffen besitzen. Die Kriterien ‚Verwendung nachwachsender Rohstoffe‘ und ‚bioabbaubar‘ allein reichen nicht aus, um von vornherein eine generelle Umweltüberlegenheit dieser Materialien zu begründen.“

Fazit: Finger weg von kompostierbaren Biomüll-Plastik-Tüten. Das alte Modell „Zeitung“ hatte bereits den richtigen Weg gewiesen: Papier ist das Mittel der Wahl. Daher empfiehlt die Stadt Erlangen wie viele andere auch für die Sammlung von Bioabfällen: Papiertüten. Und die gibt’s in manchen Städten, zum Beispiel in Nürnberg, sogar kostenlos.

Bildnachweis: BASF

9 Gedanken zu “Wohin mit dem Biomüll?

  1. Sehr interessant, mir war diese Problematik nicht klar.

    Werbung ist vermutlich in der Regel auch nicht als Zeitungsersatz geeignet, oder?

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  2. Ein kleines Eimerchen mit Deckel oder ein großes Schraubglas, die man schnell ausspülen kann, wären doch auch eine Lösung. Da sparst du sogar noch das Papier.
    Aber immerhin gibt’s in Erlangen Biotonnen. Hier in Kopenhagen nicht.
    Viele Grüße,
    Marlene

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  3. Interessant. Wusste ich auch noch nicht, aber bislang wurde die Tonne auch anstandslos geleert. Mein Tipp daher für den papierlosen digitalen Haushalt: Das Schild „Keine Reklame“ vom Briefkasten entfernen und schon hat man schneller Vorrat für den Biomüll als man denkt.

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