Was die Digitalisierung mit Biomüll zu tun hat

Seit neuestem gibt es in meinem Haushalt keine Papier-Zeitungen mehr. Alles ist digital geworden. Und das ist auch gut so …

Als erstes hatte ich – schon vor einigen Wochen – mein Abo der Süddeutschen Zeitung umgestellt. Und nun auch das der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Während der SZ-Service nur einen Tag brauchte, um mein Print- auf ein Digital-Abo umzustellen, dauerte es zwei Wochen, bis die FAZ auf meine Anfrage reagierte. Aber von den Frankfurtern bin ich ja schon Kummer gewöhnt.

Doch nun ist alles digital. Und es dauert tatsächlich nur wenige Tage, bis man das Papier nicht nur nicht mehr vermisst, sondern bis sich Zeitung auf Papier merkwürdig altmodisch und unpraktisch anfühlt. Und das obwohl ich jahrzehntelang Papier-Zeitung gelesen habe.

SZ Digital
App statt Papier (1): SZ

Ich lese beide Zeitungen auf dem iPad. Die Inhalte laden im WLAN recht flott, die Apps lassen sich einfach und intuitiv bedienen. Es gibt im Vergleich zur Print-Zeitung eigentlich nur Vorteile:

Die Zeitung ist da, wenn ich sie brauche. Man kann sie schon am Vorabend laden, wenn man will (will ich aber nicht, ich will morgens Zeitung lesen). Und morgens ist sie 100-prozentig zuverlässig da. Kein Warten auf den Zeitungsausträger mehr. Auf den musste ich immer dann warten, wenn der Standard-Zeitungsausträger Urlaub hatte. Denn die Urlaubsvertretung hat es mit größter Zuverlässigkeit nicht fertig gebracht, die SZ- und FAS-Exoten (in einem von den Erlanger Nachrichten dominierten Nachbarschafts-Umfeld) in den richtigen, sprich meinen Briefkasten zu werfen.

Ich habe meine Zeitung auch auf Reisen. Und zwar sowohl auf kurzen Dienstreisen als auch im Urlaub. Die Zeitungsversorgung in Bahn und Flugzeug ist unzuverlässig. Wenn man Pech hat, gibt es nur noch die BILD (in der Bahn) und die Fit For Fun (im Flugzeug), also nichts, was mit meiner Vorstellung von Informationsversorgung auch nur annähernd Ähnlichkeit hat. Das Zeitungsabo während des Urlaubs pausieren zu lassen, ist auch kein Vergnügen. Und vom Nachsenden ins Ausland rate ich ab, es sei denn man setzt Zeitungslektüre mit dem Studium historischer Texte gleich (keine Ahnung, warum es mindestens fünf Tage dauert, bis eine SZ am Gardasee ankommt; nebenbei erwähnt kommt nur ca. jede dritte SZ überhaupt am Gardasee an, die anderen Ausgaben verschwinden irgendwo im Bermuda-Dreieck zwischen Monaco und dem Lago).

Ich kann Artikel wunderbar später lesen und weiterempfehlen. Und zwar, ohne sie auszuschneiden, beiseite zu legen, die ausgeschnittenen und beiseite gelegten Artikel dann zu vergessen, sie ein halbes Jahr später wiederzufinden – und wegzuwerfen, weil ich vergessen habe, warum ich sie überhaupt ausgeschnitten habe. In der App lassen sich die Artikel mit einem Klick für eine spätere Lektüre speichern und mit einem weiteren Klick als Volltext per Mail versenden. Sehr fein.

FAZ Digital
App statt Papier (2): FAS

Einziger Nachteil: Man kann sich die Zeitung beim Frühstück nicht mehr teilen: Hier hast du schon mal den Sport-Teil, ich fange mit dem Feuilleton an … Man braucht zwingend weitere Geräte, dann steht der gemeinschaftlichen Lektüre nichts im Weg. Die SZ darf man beispielsweise auf bis zu fünf Endgeräten lesen. Es musste also ein zweites iPad für meine Frau angeschafft werden. Das hat gut 300 Euro gekostet, und an dieser Investition führt kein Weg vorbei. Aber: Das iPad ist innerhalb eines Jahres refinanziert. Denn die SZ kostet digital 30 Euro im Monat (statt 51 Euro gedruckt), die FAS kostet 12 Euro statt 20 Euro. Macht eine Ersparnis von 29 Euro im Monat oder 348 Euro im Jahr.

Und was hat das alles nun mit Biomüll zu tun, um auf die Headline zurück zu kommen? Ganz einfach: Biomüll-Reste in Zeitung einzupacken und zur Biomüll-Tonne zu bringen, war schon immer eine Herausforderung. Früher musste man aufpassen, dass kein Teil der Zeitung geopfert wurde, das man noch lesen wollte. Heute gibt es keine Biomüll-kompatible Zeitung mehr. Meine Frau hat mich aufgefordert, über eine Lösung des Problems nachzudenken …

Update: Mehr zur Lösung des Problems gibt es hier zu lesen.

9 Gedanken zu “Was die Digitalisierung mit Biomüll zu tun hat

  1. Und ein ebenso großes Problem hat man, wenn der Gartenzaun mal wieder gestrichen werden muss… Da hilft nur, beim Printzeitung lesenden Nachbarn betteln zu gehen 😉

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  2. Alles nachvollziehbar, aber:
    Da ich den lieben langen Tag meist schreibend oder recherchierend am Bildschirm arbeite, empfinden es meine Augen und meine Seele als äußerst wohltuend die SZ, den Guardian, Bashô oder was auch immer in gedruckter Form zu lesen.

    Alte Zeitungsausschnitte oder ganz abseitige Texte im Zeitungsstapel zufällig wieder- bzw. ganz neu zu entdecken, hat für mich auch etwas von absichtslosem Flanieren. Serendipity am Küchentisch sozusagen.

    Ich möchte auch nicht, dass unser Zehnjähriger am Montagmorgen beim Frühstück die Bundesligatabelle schon online liest. Die Kinder hängen schon genug vor dem Bildschirm. Da kabbeln wir uns lieber, wer zuerst den SZ-Sportteil bekommt, und wie man dieses Riesenteil richtig faltet.

    Herzliche Grüße aus Tübingen

    Norbert

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    • Hallo Norbert, das kann ich gut verstehen. Vor allem das Kinder-Online-Vorbild-Thema haben wir auch länger diskutiert. Wollen wir wirklich unseren Kindern vorleben, schon früh morgens auf den Bildschirm zu schauen? Wir haben uns dann doch dafür entschieden, denn nicht der Bildschirm ist „böse“ (und nicht das Papier ist „gut“) – es geht um die Inhalte. Auf kurz oder lang wird sowieso (fast) alle Lektüre digital stattfinden, davon bin ich überzeugt. Daher ist es wichtig, den Kids zu vermitteln, was wann wie und wie oft sinnvollerweise digital konsumiert werden sollte. Und dann ist es schon wieder vorbildlich, morgens auf dem Tablet Zeitung zu lesen. Wenn meine Kinder das irgendwann auch mal machen (statt zu der wachsenden Zahl der Nicht-Zeitungs-Leser zu gehören), wäre ich zufrieden …

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      • Lieber Christian,

        danke für deine schnelle, freundliche Antwort. Nein, natürlich ist der Bildschirm per se nicht böse, und das Internet kann eine großartige Fundgrube sein. Aber die Veränderungen, die ich bei mir oder auch bei unseren Kindern und deren Freunden registriere, weil zu lange vor dem Smartphone, Tablet oder Mac gehockt wird, geben mir tatsächlich zu denken.

        Du hast Recht, man muss froh sein, wenn überhaupt noch jemand eine vernünftige Tageszeitung liest. Drücken wir die Daumen, daß es bei unseren Kindern klappt. Ich erschrecke bisweilen, wenn ich mitbekomme, daß studierte BWLer oder Ingenieure sich nur noch bei GMX über das Weltgeschehen informieren.

        Vielleicht bin ich ja naiv oder altmodisch oder fühle zu gerne Bücher oder habe zu viel Maggie Smith in Dowton zugehört, aber ich glaube nicht, daß fast alle Lektüre über kurz oder lang digital erfolgen wird. Wir wissen ja, wie das mit den Prognosen zum papierlosen Büro ist.

        Ich wusste nicht, dass Du u.a. das „Was ist Was“ zu den Mineralien verfasst hast. Liegt bei uns auch zuhause. Neulich habe ich unseren Kindern Drusen geschenkt und anmerkt, daß es Drusen lange vor dem iPhone gab und daß es sie noch geben wir, wenn niemand mehr da ist, der über iPhones cool findet.

        Dein Blog ist übrigens echt gut, und dann auch noch der Laufblog und Beruf und Familie und Bücher schreiben. Respekt! Reicht Dir etwa eine Stunde Schlaf pro Nacht?

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      • Um Gottes Willen, ich schlafe gerne, und unter 7 Stunden pro Nacht werde ich unausstehlich ;-)

        Das ganze Digitaliserungs-Thema ist natürlich komplex, und es wird weiter Content auf Papier geben (Bildbände, vielleicht Kinderbücher …) – aber auf Sicht von fünf bis zehn Jahren wird das ziemlich wenig sein, so weit wage ich mich aus dem Fenster. Denn außer Nostalgie spricht nüchtern betrachtet nicht all zu viel für Papier. Ich sag nur Postkutsche …

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  3. Als Babyboomer darf ich noch eine Papierzeitung lesen – und werde das Recht noch ausnutzen. Ich starre ja die ganze Woche auf den Bildschirm.

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