Zitat am Freitag: Vegane Yoga-Kreuzfahrt

Irgendwann werde ich euch nochmal mit einem ausführlicheren Beitrag zum Thema vegane Ernährung beglücken. Bis dahin widme ich mein Zitat der Woche dem Thema …

Denn es war ja nur eine Frage der Zeit, bis die Reisebranche auf das Thema aufspringt. Sie zeichnet sich bekanntlich dadurch aus, dass sie aus jedem verschwurbelten Unsinn ein überteuertes Wellness-Angebot zimmert, von A wie Ayurveda bis Z wie Zirbelkissen. Und jetzt sind wir eben bei V wie Vegan angekommen:

Auf dem Markt gibt es ständig neue Angebote – von „Veggie-Wanderungen“ durchs Périgord bis hin zur „veganen Flusskreuzfahrt“. „Wir wollten den Schiffsreisen das angestaubte Image nehmen“, sagt der Gründer der gleichnamigen Firma, Dirk Bocklage. Er chartert Schiffe, auf denen selbst die Wellnessprodukte garantiert vegan sind. Das Geschäft laufe gut, sagt Bocklage. Eine „vegane Yoga-Kreuzfahrt“ startet an diesem Donnerstag auf der Donau, sie sei so gut wie ausverkauft.

Schreibt: Leonie Gubela in der Süddeutschen Zeitung.

Gute Güte.

Herrjeh.

Kopf auf Tischplatte schlag.

Dazu passt, was Jochen-Martin Gutsch im gedruckten Spiegel schreibt:

Als ich zehn Jahre alt war, wusste ich gar nicht, was das ist: ein Veganer. Jemand aus der Fernsehserie „Raumschiff Enterprise“? Jemand wie Mister Spock? Ich wuchs auf in den wurst- und fleischlastigen Siebziger- und Achzigerjahren. Wollte ich als Kind ein belegtes Brot nicht essen, sagte meine Mutter: Denk an die Kinder in Afrika! Oder: Junge, dann iss doch wenigstens die Wurst! Es waren ernährungsmäßig sicher nicht die besten und gesündesten Zeiten. Aber unsere Haltung dem Essen gegenüber war eigentlich ganz gesund. Damals galt: Essen ist Nahrung. Etwas gegen den Hunger. Oder für den Appetit. Oder den Genuss. Essen ist keine Ideologie, kein politisches Bekenntnis. Und vor allem: kein Lifestyle!

Einen Satz, den ich von Ernährungsumstellern immer wieder höre, ist: Was kann man denn heute überhaupt noch essen? Wegen der Lebensmittelskandale, der Massentierhaltung, der Antibiotika, der Keime. Sie vertrauen der Nahrung nicht mehr. Das verstehe ich gut. Aber wenn die Klage sehr laut wird und gar nicht mehr endet, dann möchte ich ihnen sanft auf den Kopf klopfen und sagen: Du kannst alles essen. Sogar Steaks aus Japan, Kirschen aus Südafrika. Wir leben im Essensparadies. Deine Ernährungsumstellung – das ist ein Wohlstandsprivileg. Stellt irgendjemand in Syrien die Ernährung um? Also halte für einen Moment mal die Klappe, bitte.

Schönes Wochenende!

(Alle Freitags-Zitate zum Nachlesen)

7 Gedanken zu “Zitat am Freitag: Vegane Yoga-Kreuzfahrt

  1. Das Konzept Kreuzfahrt ist sicher nicht unbedingt super kompatibel mit dem eigentlichen Gedanken hinter einer bewussten Einstellung zu Ernährung und der Umwelt und so und ich kann mir vorstellen, welche Typen auf so etwas abfahren. Aber so richtig schlimm ist es doch auch nicht, wenn jemand auf eine vegane Yoga-Kreuzfahrt geht, Du musst ja nicht mitfahren. Obwohl ich Deinen Reisebricht davon hier im Blog sehr gerne lesen würde…vielleicht wirst Du ja jetzt als Influencer mal eingeladen… :-)

    Und ich anerkenne die Polemik, die dem Spiegel-Artikel zu Grunde liegt und es mag stimmen, dass unsere Haltung dem Essen gegenüber früher gesünder war. Die Haltung den Tieren gegenüber war es allerdings mit Sicherheit nicht.

    Vielleicht habe ich die Sache hier aber auch nur etwas ernster genommen als nötig…schönes Wochenende!

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    • Nicht zu ernst nehmen, ja …

      Und für eine Antwort müsste ich jetzt meinen angekündigten Beitrag über vegane Ernährung vorwegnehmen, das wäre doch schade ;)

      Nur so viel: Ich bin ein großer Fan von bewussterer Ernährung, von angemessenem Umgang mit Tieren und von gutem Essen. Daher bin ich ja auch Slowfood-Mitglied. Bei Veganen Yoga-Kreuzfahrten wittere ich allerdings esoterische Besserverdiener-Selbstbespiegelung. Ich wittere dieselbe Klientel, die so rundum wohlstandsgesättigt ist, dass sie auch beginnt darüber nachzudenken, ob Impfen für ihre kleinen Lieblinge wirklich das Richtige ist. Wahrscheinlich tue ich den vegangen Yoga-Kreuzfahrern damit total Unrecht, aber das werden sie verkraften …

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  2. Ich kann jetzt in einer veganen Schiffstour auch nix aufregenswertes sehen. Es ist eben ein Angebot für eine Minderheit mit speziellen Bedürfnissen. So wie Hotels für Hundebesitzer oder Segeltörns für Schwule oder Urlaubsangebote für Rentner, Behinderte oder zugeschnitten für Golfer. Es ist doch jetzt auch egal, was man von veganer Ernährung hält, aber Veganer haben auf Reisen mit inklusivem Essensangebot doch immer die Arschkarte und sehen sich am Ende mit Pommes und ein paar Salatblättern konfrontiert. Da liegt es doch nahe, sich eine vegan ausgerichtete Reise zu wünschen. Ich bin schon gespannt auf deinen Artikel, ich habe nämlich auch einen in Vorbereitung…

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    • Ach, ich rege mich nicht auf, ich wundere mich nur. Und sicher haben’s Veganer auf Reisen nicht leicht. Aber Fruktarier haben’s wahrscheinlich noch schwerer. Und noch ausgefallenere Ernährungs-Spezialisten erst recht. Macht aber nichts, denn die Kollegen sind ja keine Diabetiker und haben keine Intoleranz, sondern haben sich aus freien Stücken für diesen Lifestyle entschieden …

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  3. …niemand verarscht die achtsame Veggie-Globuli-Yoga-Szene besser und konsequenter, als das skurile Marketing der Produkte und Dienstleistungen, die jene gutmenschelnden Zivilisationskranken abholen, die mit Aufmerksamkeitsdefizit aufgewachsenen sind und immer neue Projektionsflächen dafür suchen. Ein unterhaltsames Trauerspiel für die Zyniker … : -)

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  4. Fast schlecht für Cartoonisten, dass heute die Realsatire so stark ist!

    Man muss sich ständig was Neues ausdenken: Veganer/Fleischesser sind als Zeichenthema für mich Tabu, weil bereits zu abgedroschen.

    Aber Wunderheilung, dazu kommt demnächst ein Carton in meinem Blog.
    Ich habe deinen Blog entdeckt, weil ich ein abgenutztes Shakespeare-Zitat verwenden wollte – du hast mich davon abgehalten!

    irma

    Irmas Cartoon-Blog: Neues vom Sofa und anderen Orten

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