Wartezeit überbrücken

Da ich im letzten halben Jahr für meine Verhältnisse relativ oft im Wartezimmer von Ärzten, MRT-Betreibern und Physiotherapeuten herumsaß und mir die Zeit vertreiben durfte, konnte ich mich selbst dabei beobachten, welche Apps mir in welcher Reihenfolge wie wichtig sind …

Und da wir alle irgendwann irgendwo immer warten müssen, bitte ich euch ebenfalls: Prüft euch und teilt mir das Ergebnis mit. Mehr dazu am Ende des Beitrags.

Nun gut, meine Standard-Reihenfolge zum Überbrücken von Wartezeit ist also die Folgende:

e-mail1. E-Mail: Ok, langweilig. Ich bin halt schon Ü40. Ich checke tatsächlich fast immer als erstes meine Mails. Morgens bei der ersten Tasse Kaffee und eben auch beim Warten. Neulich hat mich übrigens mein mittleres Kind gefragt: „Papa, was ist eigentlich „cc““ … So viel zum Thema E-Mail-Nutzung durch Jüngere.

facebook2. Facebook: Ja, ist ja gut, schon wieder ein Klassiker, wenig überraschend für ältere Herrschaften wie mich. Meine Filterblase ist vollgestopft mit linksliberalen Kommunikationsmenschen, daher bietet mir die Facebook-Timeline reichlich Lesefutter vom ZEIT-Artikel über Trump bis zu allem, was man gerade rund um Marketing, PR und Social Media wissen muss.

instagram3. Instagram: Ich mag visuelle Kommunikation und ich liebe Instagram. Ich hatte schon mit 15 eine Spiegelreflexkamera, habe einen Foto-Kurs in der Schule gemacht und im Keller im selbstgebauten Fotolabor gewerkelt. Instagram ist meine Gute Laune Foto-Timeline, garantiert frei von Politik und anderen Ärgernissen des Alltags.

twitter4. Twitter: War eigentlich schon tot, habe ich dann aber wieder reaktiviert, weil es so viel Spaß macht, die Tweets von Lars zu lesen, wenn Bayern mal wieder gewinnt und Bremen mal wieder verliert. Und ein paar Tweets von anderen zu anderem auch.

Bis hierhin war das Warten ok, meine Schmerzgrenze beim Arzt, wenn ich einen Termin habe, liegt bei 30 Minuten. Danach bekomme ich schlechte Laune, verfluche das nicht vorhandene Praxis-Management – und lese weiter:

feedly5. Feedreader: Wie kann es Menschen geben, die ohne RSS-Feeds und entsprechende Reader überleben? Ich weiß es nicht. Ich nutze Feedly und verfolge damit alle Blogs, die mir lieb und teuer sind. Und probiere neue aus, die abonniere ich für eine Weile in Feedly, und dann gehören sie irgendwann dazu oder fliegen wieder raus. Feedly ist meine Tür zur Bloggosphäre.

pocket6. Pocket: Pocket hieß früher Read It Later, und der Name war natürlich viel passender und erklärt alles. In Pocket landet alles, was mir an interessanten Inhalten über den Weg läuft, wofür ich aber gerade keine Zeit habe. Dann lese ich es später in Pocket. Coole Apps haben ein Pocket-Plugin, ekelhafte geschlossene Ökosysteme wie Facebook nicht.

spon7. Spiegel Online: Man kann ja auch mal schauen, was sonst so passiert ist. Der einzige Grund, warum ich das auf Spiegel Online mache, ist, weil ich das schon immer gemacht habe. Reine Gewohnheit und Trägheit. Die Qualität von Spiegel Online ist inzwischen wirklich indiskutabel. Mit Ausnahme der Kolumne von Sascha Lobo.

Inzwischen warte ich weit über eine Stunde und denke mir: Hätte ich mich mal privat versichert. Habe ich aber nicht .Also vertreibe ich mir die Zeit analog, beobachte andere Menschen, inspiziere die Kunstwerke Sachen, die der Arzt an die Wand gehängt hat, schaue zum Fenster raus … Und nehme das Smartphone wieder in die Hand. Jetzt kommen nur noch Verzweiflungs-Apps:

xing8. Xing: Ja, haha, ich sag doch: Verzweiflung. Mal schauen, wer mir wieder was verkaufen will („Haben Sie sich schon mit dem Trend-Thema Content-Marketing beschäftigt?“). Und lauter Menschen, mit den ich vernetzt bin (und ich habe nicht den leisesten Schimmer, warum ich mit ihnen vernetzt bin), haben Geburtstag.

googleplus9. Google+: Ja, ich gehöre zu den sieben Menschen in Deutschland, die die App noch nicht gelöscht haben. Weil ich alle zwei Jahre in eine so verzweifelte Warte-Situation komme, dass ich lieber einen Blick auf Google+ werfe als zu den Lesezirkel-Zeitschriften im Wartezimmer zu greifen.

snapchat10. Snapchat: Snapchat dient nur dazu, mir einzureden, dass ich irgendwie jung geblieben bin. Ein alter Mann, der zappelige Bilder anschaut, um sich jung zu fühlen. Ein Dinosaurier, der zusieht, wie Wirbeltiere kommunizieren. Irgendwie beschämend, wozu einen Ärzte zwingen.

Ihr seht schon: keine Spiele auf meinem Smartphone. Hab ich früher mal genutzt, um Zeit totzuschlagen, interessiert mich aber inzwischen nicht mehr. Natürlich könnte ich Serien auf Netflix oder Amazon anschauen, aber hey, habt ihr schon mal eine Arztpraxis mit WLAN erlebt?

So, und jetzt ihr …! Eure Wartezeit-Überbrückungs-Apps bitte, hier in den Kommentaren, auf Facebook, in euren Blogs (Hurra, eine Blogparade!) oder wo ihr wollt …

Bildnachweis: Angels von Jerzy Gorecki

12 Gedanken zu “Wartezeit überbrücken

  1. Puh … das wird jetzt langweilig. Mach schon mal die Mails auf :)

    1) Mails
    2) Facebook
    3) Twitter
    4) Quizduell – aber wenn ich beim Arzt sitze spielt ja keiner mit…
    5) Dot Fighter – nach 90 Sekkunden sinkt meine Laune auf den absoluten Nullpunkt und ich schaue wieder die Menschen an, die es schaffen auch ohne Smartphone schlechte Laune zu haben.

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  2. Die Qualität von Spiegel Online ist inzwischen wirklich indiskutabel“ — Das liest sich für mich so, als ob die Qualität gut sei; für mich ist sie eher durchwachsen bis mies.

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  3. ALSO… wenn ich mal beim Arzt bin (zur Zeit leider öfter) hab ich zum Einen das Glück, dass ich nie länger als 15 – 30 Min. warten muss und zum Anderen bin ich da konsequent „off“. Ich blätter mal durch die Welt der Reichen und (Möchte-Gern-)Schönen, oder hab ein Buch dabei. So richtig analog. Oder ich schau vor mich hin und mache internes autogenes Training. Auch höchst analog. Und alles sehr wohltuend :-).

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  4. “ Meine“ Apps im Wartezimmer unterscheiden sich von Deinen gar nicht so sehr, allenfalls in der Reihenfolge ;-)
    Ich nutze zudem statt Feedly den InoReader. Und ich spiele leidenschaftlich gern „Fives“.
    Noch eine Randbemerkung zur Wartezeit: auch privat Versicherte sitzen z.B. beim Orthopäden durchaus länger als 15 Minuten. Für so ein Wartezimmer hab ich dann meinen Tolino Vision dabei und lese ein eBook aus meiner Onleihe ;-)

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  5. Gelesen habe ich diesen Artikel heute morgen tatsächlich im Wartezimmer – aber besagte Wartezeit war zu kurz, um auch noch antworten zu können :)
    Eine Frage: Du „checkst“ Deine Mails? Really? Hast Du keine push up-Benachrichtigungen oder wenigsten winzig kleine Bildhinweise eingestellt? Ich würde schier durchdrehen ohne.
    Emails-checken ist voll 2010 ;)

    Blogs habe ich ebenso wie Du über feedly organisiert, ist mir ein Rätsel, wie man ohne leben kann. Pocket hatte ich vor Jahren, war mir zuviel. Ich speichere über Feedly ab, was ich behalten, sprich: noch lesen will. Klar, sortieren wird da schwieriger, aber ich brauche diese Funktion auch nicht so oft – in der Facebook-App hingegen nutze ich sie häufig. Gute, bzw. wichtige Links lege ich mir in Google notes ab. Ich werde und werde und werde übrigens nicht mit evernote warm, obwohl ich es eigentlich ganz toll finde. Dennoch – nichts für mich.

    Da ich aber morgens im Bett mit Kaffee und Kater (also meistens dem echten, rohhaarigen) fast mein gesamtes social media-Gedöns mache, (manchmal schreibe ich einen ganzen Blogartikel noch vor dem richtigen Aufstehen), habe ich feedly bis zum Arztbesuch immer schon ausgelesen.

    Instagram – nice to have, nicht mehr und nicht weniger, auch das ist nicht „mein“ Medium.

    Facebook – immer und immer und immer weniger. Könnte spannend werden, wie ich mit facebook in 2017 weitermachen werde.

    xing – nervt. Ich werde meinen Account dort löschen.

    Spiegel online – was Du sagst.

    g+ -nutze ich sehr intensiv und mit großem Erfolg zum Teilen meiner eigenen Bloginhalte. Selten zum Lesen, was sehr widersprüchlich ist, aber ich werde auch das Lesen und meine kommentierenden Aktivitäten dort verstärken. (filed under: Pläne für 2017)

    snapchat – snapwas? chrchrchr

    Ich denke, dass ich ganz viele Leichen-Accounts in diversen Netzwerken habe, ich melde mich nämlich bei jedem Scheiß an – jedenfalls habe ich das jahrelang so gemacht. Ist aber besser geworden. Wenn ich mal sterbe, hat jedenfalls der dann beauftragte Internetprofile-Nachlass- und Löschverwalter einen ganzen Arsch voll Arbeit mit mir.

    Auf meinem alten smartphone hatte ich eine tolle app, sie hieß – glaube ich – „schöner lesen“ oder „schöner warten“. Ich finde sie im playstore leider nicht mehr. Die habe ich gerne genutzt! Man konnte dort die Texte nach Minuten Lesezeit auswählen.

    Ansonsten nehme ich mir immer häufiger ein Buch mit. So wie früher :)

    Mal wieder ein sehr sehr schöner Artikel, Herr Buggisch! :)

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  6. Wenn ich wo warten muss, lese ich fast nur auf Papier. Ein Buch oder eine Zeitung ist immer dabei, wenn ich das Haus verlasse, oder wird spätestens an der der U-Bahn-Haltestelle gekauft.

    Aber ich schwöre auch auf Feedly. Ich nutze es, um Blogs, Aktualisierungen von Webseiten und Podcasts zu abonnieren. So habe ich alles in einer App. Schön finde ich auch, dass sich Ungelesenes nach einem Monat löscht. So sammelt sich nicht allzu viel an, und man merkt, wie gut man das Leben übersteht, auch wenn man ein paar Folgen eines Blogs oder Podcasts verpasst.

    Ich habe kein Smartphone, aber ein Tablet. Ich weigere mich bisher, dort meine E-Mails zu checken. Das ist Arbeit, die erledige ich am Schreibtisch zuhause.

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      • Man kann schon noch darauf zugreifen, wenn man will, aber die älteren Artikel werden nicht mehr automatisch unter den ungelesenen angezeigt.

        Da ich Hunderte von Abos habe, finde ich das ein praktisches Aussortieren. Wäre vielleicht insgesamt eine gute Methode gegen Informationsflut. Ich mache das alle paar Jahre bei meinen E-Mails: Alles, was älter als zwei Jahre ist, wird gelöscht.

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  7. Den ganzen Kommentaren entnehme ich, dass es etliche Menschen gibt, die zum Arzt gehen, bevor ihnen das Blut aus den Augen läuft. Aus Sicht der Vorsroge sehr löblich!

    Wenn ich im Wartezimmer der Klinik bin, dann liege ich am Boden und krümme mich vor Schmerzen.

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  8. Jetzt habe ich tatsächlich feedly installiert und blick da nicht durch.
    Immerhin ist jetzt dieser Blog hier abonniert. :-)
    Wie sieht es eigentlich mit der Kausalität aus? Da warte ich noch auf eine Antwort.

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