Zum Stand der Digitalisierung in Deutschland (1): Unterwegs im Internet

Alle reden von Digitaler Transformation. Von Zukunft. Mobilität. Cloud. Neuer Arbeitswelt. Wettbewerbsfähigkeit. Wohlstand. Tralala. Ich glaube, ich muss hier gelegentlich ein Update zum Stand der Dinge posten …

Die Situation: Man ist unterwegs, zum Beispiel auf einer Veranstaltung in einer deutschen Großstadt. Man möchte mit seinem Smartphone, Tablet oder Notebook online gehen.

Wie man ins Internet gehen könnte:

Man schaltet das Gerät an und ist im Internet.

Wie man heutzutage tatsächlich ins Internet geht:

  1. Man geht zum Empfang und fragt, ob es WLAN gibt.
  2. Man bekommt vom Empfang einen Zettel mit einer Anleitung und Zugangsdaten
  3. Man wählt das WLAN aus und bestätigt ungelesen irgendwelche Nutzungsbedingungen.
  4. Man gibt als Benutzernamen eine merkwürdige Zahlenfolge ein, die man sich sicher nicht merken kann.
  5. Man gibt als Passwort eine noch viel merkwürdigere Zahlen-Buchstaben-Kombination ein, die man sich ganz sicher nicht merken kann und die aus auffällig vielen „q“, „y“ und sonstige Buchstaben besteht, die man selten benutzt.
  6. Man wundert sich, weil man das Passwort offenbar falsch eingegeben hat
  7. Man probiert es nochmal.
  8. Man ärgert sich, weil man das Passwort schon wieder falsch eingegeben hat. Statt der „0“ (Null) hätte man ein „O“ (Oooohhhh) eingeben müssen.
  9. Man probiert es nochmal.
  10. Der Blutdruck steigt erheblich, weil man offenbar statt einem „m“ (Emmm) ein „rn“ (ErrrrrEnnnnn) hätte eingeben müssen. Man zerknüllt wütend den Zettel mit den Zugangsdaten und schmeißt ihn in eine Ecke.
  11. Man beruhigt sich wieder, stellt fest, dass man mit einem zerknüllten, in der Ecke liegenden Zettel auch nicht ins WLAN kommt, holt ihn wieder und versucht sein Glück mit einigen weiteren möglichen Passwörtern.
  12. Man ist online !!!
  13. Alle anderen sind inzwischen auch online, daher tröpfelt das Internet sehr spärlich ins Gerät. Aber immerhin.
  14. Man macht das Gerät kurz aus. Kaffeepause.
  15. Man macht das Gerät wieder an und soll erneut seine Zugangsdaten eingeben.
  16. Man fängt wieder bei Punkt 5 an.

Merksatz:

Solange man einen Zettel braucht, um ins Internet zu kommen, reden wir bitte nicht von Digitalisierung.

PS: Dafür ist übrigens nicht der WLAN-Anbieter, zum Beispiel der Veranstalter, verantwortlich, sondern der deutsche Gesetzgeber, der sich das absurde, innovationsfeindliche und in Europa nahezu einzigartige Transformationshindernis namens „Störerhaftung“ ausgedacht hat. Statt sie einfach und unmissverständlich komplett abzuschaffen, hat der Bundestag es jüngst geschafft, neue Rechtsunsicherheit zu schaffen.

11 Gedanken zu “Zum Stand der Digitalisierung in Deutschland (1): Unterwegs im Internet

  1. Lieber Herr Buggisch,
    das geht bei mir aber viel einfacher. Ich habe immer meinen kleinen, mobilen Hotspot dabei. Ich brauche nur auf den Knopf zu drücken und ein paar Sekunden zu warten, und schon bin ich drin, in der Cloud, ganz ohne krytisches Zeugs, Gedächtnis- und Fingerübungen.
    Schöne Grüße vom Rentner – Siegbert Rudolph

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    • Eine gute Lösung, allerdings natürlich maximal mit LTE, 3G oder wenn Sie Pech haben nur mit Edge-Geschwindigkeit, je nach Ort und Dicke der Mauern des Tagungsraums. Da ist ein Breitband-WLAN mit 100 MBit und mehr schon was anderes. Und für solche „öffentlichen“ WLAN-Zugänge hat sich der Gesetzgeber eben die maximal überflüssige und komplizierte Lösung einfallen lassen, dass jeder persönlich angemeldet sein muss, siehe WLAN in Hotels, bei Veranstaltungen etc.

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      • Und z. B. in Sachen LTE-Abdeckung liegt Deutschland auch weit hinter Ländern wie Kasachstan, Mexiko, Portugal … Dafür trägt die Politik auch ihren Teil an Verantwortung.

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  2. Das mit dem Mobilen Hotspot ist eine nette Idee. Wenn Sie aber in einen abgelegenen Hotel in the middle of nowhere sind. Die Netzabdeckung gerade noch fürs telefonieren reicht, ist das WLAN des Hotels das einzige was gegen offline sein hilft…..

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  3. Letzte Woche erlebt. Allerdings hintenraus anders:

    13b: Das Hotel-WLAN hat keine Internetverbindung
    14b: Man beschließt, es später nochmal zu versuchen und schaltet das Gerät aus
    15b: s. 15
    16b: Die Zugangsdaten sind nicht mehr gültig.

    4 Sterne reichen wohl nicht für ordentliche WLAN-Technik

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