Ach, und übrigens … (13): Die Straße, Aufschrei und seltsamer Humor

Über ein trostloses, wunderbares Buch, den Twitter-Aufschrei, den ich für wenig preiswürdig halte, und gar nicht lustige Videos über explodierende Schauspielerinnen …

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Eine Buchempfehlung: Die Straße von Cormac McCarthy. Besser gesagt: eine Buchempfehlung nicht für triste Winterabende und nicht, wenn ihr notorische Pessimisten seid und ohnehin dauernd am Sinn des Lebens zweifelt. Denn dieses Buch hat es in sich, es ist die geballte Trost- und Hoffnungslosigkeit – und trotzdem lesenswert.

Cormac McCarthy Die Straße

Es gibt eigentlich nur zwei Figuren im Buch, die nicht einmal Namen haben, sie sind einfach „der Junge“ und „der Mann“, sein Vater. Sie ziehen durch eine triste, zerstörte Welt und versuchen zu überleben, was vor allem zweierlei bedeutet: nicht verhungern und niemandem begegnen, denn die wenigen Überlebenden in dieser Welt sind finstere Zeitgenossen, die ebenfalls zu überleben versuchen und auch vor Kannibalismus nicht zurückschrecken. Eine Welt, die aus den Fugen geraten ist (welcher Art die vorangegangene Apokalypse war, bleibt offen) und in der der dünne Firniss der Zivilisation längst verloren ist. Mit einer Ausnahme: Die liebevolle Beziehung des Vaters zu seinem Sohn ist intakt und hält die beiden am Leben. Davon erzählt McCarthy – unaufgeregt, einfühlsam, völlig frei von Klischees und „Action“. Die winzige Hoffnung in der Beziehung der beiden als Kontrast zu einer Welt unglaublicher Hoffnungslosigkeit – das macht die Lektüre zu einer Qual und einem Vergnügen zugleich.

Was tun? Nichts. Wo alles vor ihnen zu Asche verbrannt war, ließ sich kein Feuer machen, und die Nächte waren länger, dunkler und kälter als alles, was sie bisher erlebt hatten. Eine Kälte, die Steine zerspringen ließ. Einen das Leben kosten konnte. In der Schwärze drückte er den zitternden Jungen an sich und zählte jeden zarten Atemzug …

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Die #Aufschrei Debatte Aktion auf Twitter über Sexismus im Alltag hat den Grimme Online Award bekommen. Davon kann man halten was man will, ich sehe das eher skeptisch. (Und bevor es gleich wieder einen Aufschrei gibt: Ich halte es für gut und richtig, über (Alltags-)Sexismus zu diskutieren, glaube aber nicht, dass das im Rahmen der Hashtag-Aktion auf Twitter bemerkens- und auszeichnenswert gut gelungen ist.) Mich haben damals drei Dinge gestört und auf Facebook hatte ich das auch aufgeschrieben (ich zitiere verkürzt):

1. Es wird unglaublich stark polarisiert, für Zwischentöne ist kaum Platz. Im Gegenteil: Zwischentöne werden von vielen gleich als versuchte Relativierungen betrachtet. 2. Allenthalben werden Klischees bedient und es wird mit Unterstellungen aus der untersten Schublade gearbeitet. 3. Die ganze Diskussion wird komplett ironiefrei geführt und wer versucht, durch Humor die Fronten ein wenig aufzubrechen, ist sofort wieder verdächtig.

Aufschrei#Aufschrei hat aus meiner Sicht daher keine „neue Qualität in die Debatte über die Gleichberechtigung gebracht“, wie die Frankfurter Rundschau phantasiert hat, sondern vor allem gezeigt, dass ein soziales Medium mit vielen anonymen Beteiligten und einer Begrenzung auf 140 Zeichen völlig ungeeignet ist, solche Debatten zu führen. Das bestätigt auch eine Analyse, die zeigt, dass verschwindend wenige Beiträge mit dem Hashtag #Aufschrei wirklich Erfahrungen mit Alltags-Sexismus geschildert haben, wie das ursprünglich mal intendiert war. Die meisten Beiträge enthielten Links auf irgendwelche Medien, anti-sexistische oder anti-feministische Statements oder schlicht Spam. Schlussfolgerung im Rahmen der Analyse:

Aufgrund der zum Teil festgefahrenen und unverrückbaren Einstellungen auf beiden Seiten, kann man den #aufschrei beim besten Willen nicht als „inhaltliche Diskussion“, sondern allenfalls als ein Aufeinanderprallen diametral entgegengesetzter Meinungen ohne Eingehen auf die Aussagen des jeweils Anderen bezeichnen.

Was daran Grimme-preiswürdig sein soll, erschließt sich mir nicht.

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Kürzlich habe ich auf Facebook ein Video gepostet, in dem die Köpfe diverser Schauspielerinnen explodieren. Klingt beim Erzählen etwas sperrig, ist beim Anschauen aber wirklich witzig:

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Ich korrigiere mich: Ich finde das ziemlich witzig. Andere mir unbekannte Menschen sehen das anders und kommentierten meinen Facebook-Post: „Seltsamer Humor, sorry, kann ich gar nicht lachen und es ist auch nicht albern. Ich empfinde es als schockierend.“ Nun kann jeder schockierend finden, was er will. Ich hingegen finde es schockierend kurios, dass man meinen Humor (bzw. Humor generell) seltsam finden kann, impliziert das doch, dass es seltsamen und nicht-seltsamen – oder auf den Punkt gebracht: richtigen und falschen Humor gibt.

Aber bevor es weitere Missverständnisse und verletzte Seelen gibt: Seid gewarnt, Freunde, ich habe einen wirklich miesen, dreckigen und gemeinen, also schlichtweg falschen Humor! Note 6 im Humor-Zeugnis sozusagen. Wer hier im Blog mitliest, muss ständig damit rechnen, mit schockierenden so genannten Scherzen konfrontiert zu werden. Diese russische Tampon-Werbung, um nur mal ein Beispiel zu bringen, ist ÜBERHAUPT NICHT KOMISCH, nur ich mit meinem seltsamen Humor finde sie total lustig:

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(Gefunden im Männer unter sich-Blog.) Die explodierenden Schauspielerinnen gibt es übrigens für Menschen mit seltsamem Humor regelmäßig im Tumblr-Blog Exploding Actresses. Und manchmal explodieren dort auch männliche Schauspieler und süße Disney-Figuren, so gleichberechtigungshalber …

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Ach, und übrigens: Da wir heute ohnehin videolastig unterwegs sind, zeige ich euch noch dieses hübsche kleine Twitter-Video, dass man sich über den Dienst Vizify kostenlos und in nullkommanichts erstellen lassen kann:

Twitter-Video von Chris_Buggisch

In Ach, und übrigens (12) ging es übrigens um eine Knigge-Expertin und ihre Antwort auf eine Frage, die mich schon lange beschäftigt, einen lesenswerten New York-Roman und die angeblich links und rechts überholte Firma Apple …

Bildnachweis: Karl-Heinz Laube / pixelio.de

7 Gedanken zu “Ach, und übrigens … (13): Die Straße, Aufschrei und seltsamer Humor

  1. 1. Ich lese keine Bücher (mehr)
    2. Ich warte schon sehnsüchtig auf eine Biografie von Annne Wizorek
    3. Ich finde die Videos auch nicht witzig. Kein Einziges. Und ich bescheinige mir selber, sehr viel Humor zu haben. Vielleicht täusche ich mich.

    Schönen Abend … :-)

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      • Also ich pesönlich habe deinen Humor auch gar nicht kritisiert, geschweige denn behauptet, dass er seltsam wäre – dein Humor. Aber natürlich ist es so, dass man vom Humor einer Person Rückschlüsse auf die Psyche dieser Person ziehen kann. Ich frage mich manchmal auch, mein Gott Gunslinger, heute haste aber einen seltsamen Humor. Dann schenke ich mir ein Glas Rotwein ein (oder zwei, je nach Schwere des Falles) und überlege mir: Wie war das damals, in deiner Kindheit? Ich habe z.B. viel zu früh Karl May-Bücher gelesen. Oder Jesus am Kreuz – auch so eine Sache, die bei mir nicht gut angekommen ist. Starker Tobak, ich weiß. Drum höre ich jetzt auf. Ist auch alles nicht so ganz ernst gemeint. Aber irgendwie doch.

        Schönen Abend … ;-)

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      • Ich meine ja auch nicht dich, sondern die oben im Beitrag erwähnte Dame auf Facebook … Aber die Strategie mit dem Rotwein ist in jedem Fall nicht verkehrt ;-)

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