Mein digitales Leben (3): Vom Stammtisch zu WhatsApp und Facebook

Wenn Experten versuchen Social Media zu erklären, greifen sie gerne zum Stammtisch-Vergleich: „Früher haben die Leute am Stammtisch über XY geredet, heute reden sie auf Facebook darüber.“ Das ist kurios, denn viele hatte zwar wie ich ein Leben vor Social Media, sind aber ebenfalls wie ich noch nie an einem Stammtisch gesessen …

Kommunikation im Social Web – das Gegenteil vom Stammtisch

Meine Neigung, jeden Abend oder auch nur einmal die Woche in immer derselben Stammkneipe am Stammtisch beim Stammbier mit Stammbekannten Stammthemen zu besprechen, war und ist vergleichsweise gering. Meine Neigung, die sozialen Medien zu nutzen, ist hingegen – regelmäßige Leser dieses Blogs ahnen es schon – eher hoch. Denn soziale Medien sind, so wie ich sie nutze, geradezu das Gegenteil vom Stammtisch: offen, abwechslungsreich, voller überraschender Neuigkeiten, mit wechselnden Beteiligten, die man zum Teil sehr gut und zum Teil gar nicht kennt.

Mein erster Tweet
Mein erster Tweet

Die Kommunikation über Social Media ist längst ein fester Bestandteil meines digitalen Lebens. Vor ziemlich genau fünf Jahren habe ich meinen ersten Tweet geschrieben und bin seitdem ein Fan von Twitter – ein immer nostalgischer werdender Fan, denn um mich herum wird es gefühlt einsam: Die Liste meiner Bekannten und Freunde außerhalb der Social Media-Szene, die Twitter noch aktiv nutzen, wird immer kürzer. Folgerichtig wird auch die Zahl der Dialoge und Reaktionen auf meine Tweets immer geringer.

Wenn wir aber nicht historisch, sondern systematisch ans Thema digitale Kommunikation in meinem Leben herangehen, gibt es eigentlich drei relavante Kanäle: E-Mail, Instant Messaging und Netzwerke.

Die gute alte E-Mail

Vor lauter Social Schnickschnack sollten wir nicht vergessen, dass sie immer noch unangefochten das digitale Kommunikationsmittel Nummer 1 ist. Rund 200 Millionen E-Mails werden pro Minute weltweit versendet, dem gegenüber gibt es in einer Minute „nur“ rund 4 Millionen WhatsApp-Nachrichten und 2 Millionen Likes und Kommentare auf Facebook (Infografik 1 und 2).

Google Mail StatistikSo ungleich ist die Verteilung bei mir allerdings nicht. Ich nutze und liebe Google Mail (wegen seines riesigen Speicherplatzes, der einfachen Bedienung und der grandiosen Suchfunktion) und weiß dank Statistiken, die von Google geliefert werden, dass ich privat pro Monate rund 150 Mails schreibe und 700 Mails bekomme. Ist das viel oder wenig? Ich vermute Letzteres.

Instant Messaging: WhatsApp & Co.

Ein spürbarer Teil dessen, was ich früher per E-Mail kommuniziert habe, findet inzwischen als Instant Messaging statt, vor allem über WhatsApp und iMessage, relativ häufig aber auch über Facebook-Nachrichten. Twitter Direktnachrichten spielen hingegen praktisch keine Rolle mehr, das war früher auch mal anders.

WhatsAppWährend ich die klassische SMS früher gemieden habe wie der Teufel das Weihwasser, sind die modernen Kurznachrichten so schnell, einfach, intuitiv und kostenlos nutzbar, dass ich sie bei kurzen Botschaften und wenn es flott gehen soll, vorziehe. Das deckt sich übrigens mit der Entwicklung der beruflichen Kommunikation bei uns im Unternehmen: Kein neues Tool wurde so schnell angenommen wie Lync, jener Instant-Messaging-Client von Microsoft, der zunehmend vielleicht eines Tages der etablierten E-Mail-Bürokommunikation Konkurrenz macht.

Interessant übrigens, dass ich nicht genau sagen kann, wann ich eher zu WhatsApp und wann eher zu Facebook Nachrichten greife, um schnell etwas loszuwerden. WhatsApp vielleicht, wenn es dringender ist und ich auf eine noch schnellere Antwort hoffe bzw. wenn ich sicher sein will, dass die Nachricht sofort gelesen wird.

Facebook: unvermeidlich und ungeliebt

Bleibt noch der große Bereich der sozialen Netzwerke, über den ich ja schon oft gebloggt habe, weshalb ich mich hier etwas kürzer fassen kann. Facebook ist und bleibt dominant, da hier die Vernetzung am dichtesten ist. Facebook ist das einzige Netzwerk, in dem ich Gespräche mit Freunden, Familienangehörigen, Nachbarn, entfernten Bekannten, Kollegen und Experten zu Spezial-Themen gleichermaßen führen kann. Google+ ist auf Letzteres, XING auf berufliche Kontakte beschränkt, Tumblr nutzt außer mir vermutlich kein Mensch (wenn doch: meldet euch!).

Nicht alles gefällt mir an Facebook ...
Nicht alles gefällt mir an Facebook …

Ich bin alles andere als euphorisiert von Facebook. Am meisten stört mich – nein, nicht die massiv zunehmende Werbung, (die nehme ich gar nicht mehr wahr). Nein, auch nicht der lasche Datenschutz (das Problem sind nicht irgendwelche Unternehmen wie Facebook, sondern staatliche Organisationen, die die Privatsphäre mit Füßen treten).

Am meisten und immer mehr stört mich die Unberechenbarkeit, welche Informationen ich wann von wem angezeigt bekomme: am Desktop bekomme ich andere Infos als in der iPad-App und dort wieder andere als in der iPhone-App; Meldungen von Freunden, die ich gerne lesen würde, werden mir nicht angezeigt; die Vorstellung, Facebook könnte Meldungen einfach mal chronologisch sortieren, ist ähnlich realistisch wie der Wunsch, in absehbarer Zeit mit Warp-Geschwindigkeit in den Delta-Quadranten zu fliegen; und und und …

Weiter geht’s

Apropos iPad, iPhone und Apps: Wie mein digitales Leben aussieht und welche Dienste ich nutze, wenn ich unterwegs bin, schreibe ich im nächsten Beitrag dieser kleinen Serie. Hier die weiteren Beiträge:

Bildnachweis: Marcus Stark / pixelio.de; Composing: CB

13 Gedanken zu “Mein digitales Leben (3): Vom Stammtisch zu WhatsApp und Facebook

  1. Hallo Christian, guter Artikel. Gefällt mir.Wichtig ist es den Stammtisch im realen Leben zu pflegen :-). In der digitalen, sind sogar oft Menschen unterwegs, welche anonymisiert unterwegs sind. Was kann man da erwarten? Anonyme Inhalte Beiträge und jede menge Faks …. LG Achim

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    • Herr Achim Heise.
      Was Sie sagen ist absolut richtig.

      Ich für meinen Teil stehe und rede mit offenem Visier.
      Muss mich sogar mit meiner Steuernummer outen.

      Bei Anderen sehe ich nix.

      Da ist eine Disskussion auf Augenhöhe nicht möglich.

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  2. Hi Christian,

    dein Artikel gefällt mir.
    Zum Thema FB: ich bin dazu übergegangen, Dinge, die ich teilen möchte, nur über meine HP zu teilen. So hab ich zumindest gefühlt mehr Kontrolle über den Inhalt. Mir ist klar, dass diese Kontrolle hops geht, sobald jemand Daten von meiner HP kopiert, aber bis zu dem Punkt hab ich die Kontrolle.

    Deinen Artikel hab ich über Twitter entdeckt.

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