Ach, und übrigens … (12): Knigge, Cash und Apple

Über eine Knigge-Expertin und ihre Antwort auf eine Frage, die mich schon lange beschäftigt, einen lesenswerten New York-Roman und die angeblich links und rechts überholte Firma Apple …

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Ich hatte kürzlich Gelegenheit, mich mit einer wahren Expertin für Etikette und richtiges Benehmen zu unterhalten: mit Agnes Jarosch, der Leiterin des Deutschen Knigge Rats. Und ich habe die Gelegenheit genutzt, ihr eine Frage zu stellen, die mich schon länger beschäftigt. Folgende Situation, kennt ihr alle: Man steht mit ein paar Leuten beisammen, sagen wir: zwei Männer, eine Frau. Ein Bekannter kommt neu zu der Gruppe dazu. Einer der Männer streckt ihm fröhlich die Hand hin, um ihn zu begrüßen, er aber weicht aus, sagt leicht vorwurfsvoll „Erst die Dame!“, begrüßt sie zuerst per Handschlag, dann die Männer.

Agnes Jarosch
Knigge-Expertin Agnes Jarosch

Das geht mir schon lange auf die Nerven, hat es doch etwas Besserwisserisches und Belehrendes, zumal der Mann, dem zunächst der Handschlag verwehrt wird, dabei bloßgestellt wird. Ts ts, du Rüpel, das weiß doch jeder, dass man erst die Damen begrüßt, also wirklich, wie kann man nur … Meine Frage an Agnes Jarosch war jedenfalls: Wer ist eigentlich unhöflicher? Derjenige, der das Ladies first-Prinzip vergessen hat, oder derjenige, der Ersteren bloßstellt?

Klare Antwort: Natürlich müsste (im privaten Bereich, im Geschäftsleben kann das nochmal anders aussehen) die Frau zuerst begrüßt werden. Aber eine angebotene Hand ausschlagen geht gar nicht. Also Freunde, merkt euch: Nächstes Mal brav die Hand schütteln, auch wenn sie nur einem Mann gehört, dann alsbald der anwesenden Frau zuwenden und ansonsten auf Belehrungen verzichten und die Situation nicht weiter thematisieren. So einfach ist das.

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Richard Price - Cash
Hörenswert: Cash

Letzte Woche war ich 1.500 Kilometer mit dem Auto quer durch Deutschland unterwegs, was nervig war, aber immerhin den Vorteil hatte, dass ich mir endlich Cash von Richard Price als Hörbuch anhören konnte, wunderbar gelesen von Christian Berkel. Die Handlung ist schnell erzählt: Drei Bekannte werden nach einer Sauftour durch New York nachts von zwei Jugendlichen überfallen. Es fällt ein Schuss, einer von ihnen ist tot. Es gibt Ermittlungen durch die Polizei, Widersprüche in den Aussagen  – das war’s aber auch an Kriminalhandlung.

Denn in Wahrheit geht es Price um die Menschen der Lower East Side, deren Leben durch dieses banale Alltagsverbrechen tangiert ist oder verändert wird. Etwa der titelgebende Eric Cash, der erst Zeuge, dann Verdächtiger, dann wieder Zeuge ist, der zuständige Detective Matty Clark, der mit zwei schwachsinnigen kleinkriminellen Söhnen und ignoranten Vorgesetzten geschlagen ist, vor allem aber der Vater des Opfers, den das Ereignis aus der Bahn wirft. Price schafft es, seine Figuren fast ausschließlich durch Dialoge zu zeichnen, was mir gut gefallen hat und für ein Hörbuch natürlich nahezu ideal ist. Insgesamt könnte das Buch kürzer und straffer sein, es lohnt sich aber dennoch, es zu lesen oder – besser noch –  zu hören.

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Manchmal, glaube ich, leben die Redakteure der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung im kunterbunten Regenbogenland, träumen ein wenig und blubbern fröhlich Seifenblasen vor sich hin. Und wenn sie dann nicht aufpassen und aus Versehen auf „Enter“ drücken, landen selbige im Technik-Teil ihrer schönen Zeitung. Wie zum Beispiel das hier:

Doch Apple muss auch ernsthaft zur Seite schauen. Der Blick auf die Konkurrenz ist vor allen Dingen im Smartphone-Markt notwendig. Google mit Android, Microsoft mit Windows Phone und RIM mit Blackberry OS haben Apple zum Teil links und rechts überholt.

Marktanteil mobiler Betriebssysteme in DeutschlandÖhm, also … Apple hat in Deutschland einen Marktanteil bei Smartphone-Betriebssystemen von ca. 20 %. Wenn wir mal annehmen, dass mit dem Rechts-Überholer Google/Android gemeint ist (stimmt, über 50 % Marktanteil) – wer ist dann mit Lichthupe auf der linken Überholspur unterwegs? Wen könnte der FAS-Redakteur da gemeint haben: Microsoft oder RIM? Hier die Marktanteile: Microsoft 6 %, RIM 3 %. Hui, da muss sich Apple fürchten. Schnell mal rechts ranfahren und in Deckung gehen. Fakt ist, dass Apple gegenüber Android schwächelt, der Rest der Konkurrenz dümpelt traurig vor sich hin. Alles andere ist Träumerei …

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Ach, und übrigens: Manche meinen, ich würde nur noch Bier trinken, weil ich gelegentlich über Bier blogge (und nicht über Wein). Hier der Beweis des Gegenteils (ein wunderbarer Pfälzer Riesling, getrunken im weniger wunderbaren Ludwigshafen (was aber egal war, denn das Hotel war wiederum wunderbar)):

Riesling in Ludwigshafen

In Ach, und übrigens (11) ging es übrigens um die unerwartete Renaissance des Filterkaffees, den Sozialkundelehrer ohne Haare Friedrich Küppersbusch und (mal wieder) Amazon …

8 Gedanken zu “Ach, und übrigens … (12): Knigge, Cash und Apple

  1. Ach, und übrigens nutzen die Apple-Nutzer ihr Smartphone deutlich mehr – der „Marktanteil“ bei den mobilen Besuchern auf den von uns betreuten Seiten liegt für iOS meist so um die 65% – und für Android bei ca. 30%.
    Für mich heißt das: Viele Android-User nehmen das günstige System mit, brauchen aber gar kein Smartphone (- zumindest nutzen sie es nicht zum mobilen Surfen). Oder andersrum: Bei der Gruppe der Smartphone-NUTZER hat Apple immer noch deutlich die Nase vorn.

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  2. Ladies first-Prinzip: Super, das nervt mich immer wieder mit den Besserwissermännern ! Vermute aber, die hören damit auch nicht auf, wenn es sich anders „gehört“, denn sie wollen ja die Bloßstellung, an der sie sich dann hoch ziehen: Mir ist DAS immer besonders peinlich …

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  3. Ladies first – entscheidend ist auch, wer wen kennt. Wenn der neu hinzukommende die Frau kennt, darf er ihr zuerst die Hand reichen. Wenn er die Frau nicht kennt, ist es sehr anbiedernd, zuerst die Frau begrüßen zu wollen und den Bekannten zu verprellen. Dabei geht es wohl weniger darum, den anderen bloßzustellen, sondern Ursache ist die falsche Interpretation des Prinzips.
    Unabhängig davon ist es natürlich unhöflich, eine gereichte Hand auszuschlagen – aus welchem Grund auch immer. Wenn man allerdings denjenigen kennt, der sich derart anbiedert, sollte man vielleicht darauf verzichten, die Hand zuerst zu reichen – in der Regel handelt es sich um Typen, die sich schon sehr wichtig nehmen, und meinen, ganz besonders gut bei den Frauen anzukommen (was meistens nicht der Fall ist ;-)

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    • … vielen Dank, – echte Lebenshilfe hier :-)
      Dein letzter Satz ist zu unterstreichen, – schön beobachtet, guter Tipp …

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    • Danke! Tatsächlich hab ich festgestellt, dass ich selbst in einigen anderen Blogs so eine Rubrik gerne lese, vom „Wochenrückblick“ bis zur kommentierten Linksammlung. Und dann dachte ich, ich probiere das auch mal …

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  4. Es wird Zeit das Apple überholt wird, auch wenn Google und Microsoft sicher auch keine Kinder von traurigkeit sind, aber Apple entwickelt sich in diese früher so verachtete Richtung. Und dieser Pseudokrieg mit Google wegen des bösen Android…

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